Papst Franziskus und  Großajatollah Ali al-Sistani

Papst Franziskus trifft Großajatollah im Irak

Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften

Papst Franziskus hat am zweiten Tag seiner Irakreise den höchsten schiitischen Geistlichen des Landes, Großajatollah Ali al-Sistani, getroffen.

In dem 45-minütigen Treffen am Samstagmorgen (Ortszeit) habe das Oberhaupt der katholischen Kirche die Wichtigkeit der Zusammenarbeit der Religionsgemeinschaften unterstrichen, teilte der Vatikan mit. Der Argentinier dankte Al-Sistani zudem, dass er sich für die Schwachen und Verfolgten einsetze. Das Treffen fand hinter verschlossenen Türen in Nadschaf im Südirak statt.

Beobachter hatten zuvor darüber gerätselt, ob die beiden eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen würden. Franziskus hatte bereits im Jahr 2019 bei seinem Besuch in den Vereinigten Arabischen Emiraten ein gemeinsames Dokument mit dem Großimam Ägyptens und hohen religiösen Vertreter des sunnitischen Islams, Ahmed al-Tajjib, unterschrieben. Es trug den Titel "Die Brüderlichkeit aller Menschen - Für ein friedliches Zusammenleben in der Welt".

Nach dem Treffen mit Al-Sistani machte sich Franziskus auf in die Ebene von Ur zum nächsten religiösen Höhepunkt des Tages. Die Gegend blickt auf eine Jahrtausende alte Vergangenheit zurück. Der biblischen Überlieferung aus dem Alten Testament zufolge stammte Abraham aus dieser Region. Der Ort hat daher für Muslime, Juden und Christen eine große Bedeutung, da alle drei Religionen Abraham als Stammvater betrachten.

Papst reist zu Christen-Gemeinde im Irak - Messe im Fußballstadion

Für Papst Franziskus steht am Sonntag mit dem Besuch der christlichen Gemeinde im Norden des Iraks einer der wichtigsten Teile seiner Reise in das Land an. Sehnsüchtig warteten die Menschen in den vergangenen Jahren auf einen Besuch des Oberhaupts der katholischen Kirche. Die Tagestour soll den Papst an Orte führen, die mit dem Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Verbindung stehen. Am späten Nachmittag soll mit einer Messe vor Tausenden Gläubigen im Fußballstadion von Erbil, Hauptstadt der Autonomen Region Kurdistan, der Schlussakkord der Reise gesetzt werden.

Der Papst soll unter anderem Mossul in der Ninawa-Ebene besuchen. Die Stadt wurde durch die Herrschaft des IS zu einem Sinnbild für das Leid der Christen im Irak. IS-Kämpfer hatten die Millionenstadt 2014 in ihre Gewalt gebracht. Viele Christen flohen, weil ihnen der Tod drohte. Zwischen 2016 und 2017 eroberten irakische Kräfte die Stadt mit Unterstützung der internationalen Militärkoalition zurück.

Bei den schweren Gefechten wurde Mossul stark zerstört. Franziskus will auf dem Kirchenplatz Chusch al-Bia für die Opfer des Krieges beten. Die Terroristen hatten die Kirchen dort zwischen 2014 und 2017 zerstört. In der Umgebung liegen immer noch Trümmer.

Noch am selben Tag will Franziskus weiter in die nahe gelegene Kleinstadt Karakosch reisen. Auch in ihr blicken die Menschen auf eine finstere Vergangenheit mit Tod und Verfolgung durch Terroristen zurück. Die Kirche der Unbefleckten Empfängnis, in der Franziskus Christen treffen will, wurdezwischen 2014 und 2016 massiv zerstört und steht symbolisch für die Leidenszeit der Gemeinde vor Ort. Sie galt als größtes Gotteshaus der syrisch-katholischen Kirche. Etwa 2500 Menschen fanden darin Platz. Zehntausende flohen vor dem IS in Richtung Erbil oder suchten Schutz im Ausland.

In der kurdischen Hauptstadt Erbil will Franziskus schließlich mit einer großen Messe im Fußballstadion der Stadt feierlich das Ende seines Besuchs einläuten. Rund 10 000 Tickets waren für die Veranstaltung verfügbar - eine Massenveranstaltung mitten in der Corona-Pandemie. Der Papst und seine Begleiter sind gegen das Coronavirus geimpft. Dennoch hatte der gesamte Besuch des Heiligen Vaters in einer Zeit, da die Pandemie auch im Irak wieder stärker wütet, für Kritik gesorgt.

Für die Christen im Irak ist der Papstbesuch gewissermaßen ein Jahrhundertereignis. Schon Johannes Paul II. hatte geplant, im Jahr 2000 im Zuge einer Pilgerreise zu den heiligen Stätten des Christentums zu reisen und auch in die Ebene von Ur im Südirak. Der damalige Machthaber Saddam Hussein untersagte den Besuch jedoch. Franziskus ist damit der erste Papst, der das Land mit mehr als 38 Millionen Einwohnern besucht.

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