Lehrermangel: Was tun?

Sachsen verbeamtet nun auch seine Lehrer - und bezahlt alle gleich. Auch Thüringen stockt beim Geld auf. Und was macht Sachsen-Anhalt um neue Lehrer zu finden? Sachsen-Anhalt braucht auch 2019 mindestens 730 neue Lehrer, um Abgänge und gestiegene Schülerzahlen auszugleichen. Zuletzt blieben Referendariatsplätze frei, die Unterrichtsversorgung sackte im Vergleich zum letzten Schuljahr ab. Und auch die Nachbarn suchen in Größenordnungen und wollen besser zahlen.

Bildungsminister Marco Tullner (CDU) antwortet auf die dringenden Fragen:

Nicht nur in Sachsen-Anhalt sind Lehrer Mangelware, auch die Nachbarn suchen Nachwuchs - und locken jetzt mit mehr Geld. Sachsen steigt in die Verbeamtung ein. Müssen Sie jetzt auch aufrüsten?

Tullner: Ich schaue mir das aufmerksam an. Aber wir setzen in Sachsen-Anhalt den Standard, zu dem die Nachbarländer jetzt aufschließen wollen. Deswegen verfalle ich nicht in hektische Angstzustände. Ja, Lehrer sind gefragt, aber wir dürfen da jetzt auch nicht in eine Dramatisierungsspirale verfallen und in die Falle der selbsterfüllenden Prophezeiung tappen. Im Osten wird der Mangel noch eine Weile anhalten, Hamburg hingegen ist schon jetzt so attraktiv, dass es kaum Probleme hat. Da müssen wir auch hin.

Thüringen will Regelschullehrern so viel bezahlen wie den Kollegen an den Gymnasien, Sachsen will Pädagogen aller Schulformen gleich bezahlen. Wird Sachsen-Anhalt dem Beispiel folgen?

Tullner: Diese Debatte ist eine, die ich noch nicht führe. Wenn wir merken, dass im Süden Sachsen-Anhalts alle nach Sachsen oder Thüringen abwandern, dann müssen wir die Lage neu bewerten. Im Moment ist es mir wichtiger, die Schulsozialarbeit zu sichern. Derzeit wird der Einsatz überwiegend mit EU-Mitteln finanziert, die Mitte 2020 auslaufen. Wir reden von 28 Millionen Euro pro Jahr, Stand jetzt. Für die Zukunft geht es um unbefristete Stellen und ein neues Konzept. Beim bisherigen EU-Programm konnten sich die Schulträger bewerben und für gute Ideen gab es Personal. Viele Grundschulen haben einen Sozialarbeiter, viele Sekundarschulen gingen trotz Bedarfs leer aus.

Aber bei schwer besetzbaren Stellen haben Sie zuletzt auf bessere Bezahlung gesetzt - hat das funktioniert?

Tullner: Die Zulagen haben sich bewährt. In zwei Ausschreibungswellen gab es 80 solcher Stellen. Knapp die Hälfte davon konnten wir besetzen, obwohl uns das bei vorherigen Versuchen nicht gelungen ist. Ich denke, das lässt die These zu, von einem funktionierenden Anreiz zu sprechen. Ich freue mich, dass es dank der Anstrengungen von Bildungsstaatssekretärin Eva Feußner künftig auch möglich ist, die Zulage nicht nur für Angestellte zu bezahlen - sondern auch für Beamte. Anreize zu setzen ist das A und O. Ohne sie lässt sich kaum noch etwas steuern.

Doch Experten sagen voraus, dass gerade auf dem flachen Land Lehrer schwer zu verpflichten sind. Auch ein Fall für Anreize?

Tullner: Wir sollten die regionalen Bemühungen auf jeden Fall ausbauen. Das zeigt der Erfolg der Gardelehrer, einem Stipendienprogramm, das die Bürgermeisterin von Gardelegen, Mandy Zepig, aufgelegt hat. Im nächsten Jahr wollen wir mit Studenten sogenannte Landpartien veranstalten und dabei besonders den Raum Wittenberg und Mansfeld-Südharz in den Blick nehmen. Mit dieser Idee, einen Ausflug zu machen und einige Schulen direkt kennenzulernen, kamen auch die Gardelehrer ins Rollen. Und wer weiß, andere Kommunen entwickeln sicherlich auch gute Konzepte. Wichtig war, dass wir die Kapazitäten an den Hochschulen hochgefahren haben und mehr Referendare ausbilden. Nur dann kann man auch über das Verteilen nachdenken.

Aber gerade erst mussten Sie einräumen, dass nicht alle der zusätzlichen Referendariatsplätze besetzt werden konnten. 2019 soll es mit 940 Plätzen noch einmal mehr geben - werden die voll?

Tullner: Es ist eine lange vorgetragene Forderung, dass wir den Flaschenhals wegbekommen. Bisher gab es weniger Plätze als es Absolventen an den Unis gab. Jetzt können wir jedem, der in Sachsen-Anhalt ausgebildet wird, auch einen Referendariatsplatz garantieren. Vor diesem Hintergrund verstehe ich die Aufregung um die freigebliebenen Plätze nicht so ganz.

Marco Tullner ist seit Frühjahr 2016 Bildungsminister in Sachsen-Anhalt. Der 50-Jährige ist bereits seit 1991 in der CDU, sitzt für die Union seit 2002 im Landtag - mit Unterbrechung: In der vorherigen Wahlperiode tauschte er den Parlamentarierstuhl gegen den Posten als Staatssekretär im Wissenschaftsministerium. Als Minister kann der Hallenser wieder gleichzeitig Abgeordneter sein. Im November dieses Jahres wurde er zudem erstmals zum Landes-Parteivize gewählt. Notizblock

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