Zeitz: Ex-Stadtwerke-Chef vor Gericht

Vorwurf der Untreue in 100 Fällen

Weil sie Privates und Dienstliches vermischt haben sollen, müssen sich der frühere Geschäftsführer und der einstige Aufsichtsratschef der Stadtwerke Zeitz vor dem Landgericht Halle verantworten. Der Prozess beginnt am 17. Januar vor der Wirtschaftsstrafkammer. Die Staatsanwaltschaft wirft den heute 57 und 65 Jahre alten Männern Untreue in insgesamt 111 Fällen vor, darunter elf gemeinschaftlich, wie ein Gerichtssprecher sagte.

Im Kern geht es den Angaben nach um Karten für Spiele in der Fußball-Bundesliga sowie Reisen in die USA und nach Japan auf Kosten des kommunalen Unternehmens. Laut Anklage sollen der damalige Geschäftsführer und der Ex-Aufsichtsratschef der Stadtwerke - der damalige Zeitzer Oberbürgermeister Volkmar Kunze (FDP) - zwischen 2012 und 2016 die Reisen auf Kosten der Firma getätigt haben, ohne dass es dafür eine wirtschaftliche Veranlassung gegeben habe. Ferner soll ein Auto im Wert von 75 000 Euro als Dienstfahrzeug ohne Zustimmung des Aufsichtsrates der Stadtwerke angeschafft und später unter Wert weiterverkauft worden sein.

Die Angeklagten haben die Vorwürfe bisher bestritten, wie der Gerichtssprecher sagte. Im Zusammenhang mit den Ermittlungen hatten Medien von einer sogenannte «Schalke-Affäre» in Sachsen-Anhalt berichtet. So kam der frühere Chef der Investitionsbank Sachsen-Anhalt (IB), Manfred Maas, in Erklärungsnot. Die Staatsanwaltschaft Halle nahm gegen ihn Ermittlungen wegen des Verdachts der Vorteilsnahme auf. Er soll als Amtsträger Einladungen zu Fußballspielen angenommen haben, lautete der Vorwurf. «Die Ermittlungen laufen noch», sagte ein Sprecher der Staatsanwaltschaft der dpa. Maas trat 2018 als IB-Geschäftsleiter in den Ruhestand.

Bei dem früheren Zeitzer Stadtwerkegeschäftsführer sind die Ermittler laut der Anklage der Auffassung, dass er in insgesamt 100 Fällen Karten für Spiele der Fußball-Bundesliga erworben hat - sowohl für sich selbst als auch für Dritte. Eine Schadenssumme, die dem kommunalen Unternehmen durch die Untreuevorwürfe insgesamt entstanden sein soll, wurde zunächst in Gänze nicht beziffert. Die Wirtschaftsstrafkammer hat bisher elf Zeugen geladen, wie der Gerichtssprecher sagte. Das Landgericht hat Verhandlungstermine bis Anfang April anberaumt.

Die beiden Beschuldigten erklärten den Angaben nach die Karten für die Fußballspiele zu Zwecken des Marketings und der Kundenbetreuung erworben zu haben. Der Aufsichtsrat der Stadtwerke habe davon gewusst. Auch die Reisen seien nicht privat, sondern im Rahmen der Gewinnung von Städtepartnerschaften erfolgt. Die Stadt Zeitz (Burgenlandkreis) pflegt nach eigenen Angaben zum Beispiel einen Schüleraustausch mit der Stadt Tosu in Japan. Es gibt auch eine Städtepartnerschaft mit Prescott (Arizona) in den USA. In Zeitz mit knapp 30 000 Einwohnern wurde 2016 ein neuer Oberbürgermeister gewählt. In einer Stichwahl gewann der Jurist Christian Thieme (CDU) gegen Volkmar Kunze (FDP).

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