Entertainer, Kabarettist und Schauspieler Dieter Hallervorden feierte am 5. September seinen 80. Geburtstag.
In Dessau geboren und bekannt geworden mit seiner Sketch-Fernsehserie "Nonstop nonsens" Ende der 70er Jahre, begeisterte Hallervorden jüngst in Til Schweigers Kinofilm "Honig im Kopf".
radio SAW Moderator Ingolf Kloss bekam die aussergewöhnliche Gelegenheit, Didi Hallervorden zum Interview zu bitten:
Am Samstag, 5.9.2015., wird Dieter Hallervorden 80 Jahre alt. Zu seinem Geburtstag hat er einen Song mit dem Titel „Ihr macht mir Mut“ aufgenommen, dessen Einnahmen der Schauspieler der Flüchtlingshilfe zukommen lassen möchte.
Wenn Sie von Kollegen oder Freunden gefragt werden, was Ihnen zu Dessau einfällt, was sind so die hervorstechenden Merkmale, um diese wundervolle Stadt zu beschreiben?
Naja, da ist erst einmal dieses wunderschöne Theater, also das ist ja wirklich ein Prachtbau, das mit Dingen aufwartet, nach denen sich jedes andere Theater alle zehn Finger schlecken würde. Eine prachtvolle Bühne, sehr gute Technik. Leider kenne ich den Spielplan nicht, ich hoffe, dass der Spielplan der Qualität des Gebäudes entspricht.
Seit 2007 sind Sie Ehrenbürger der Stadt Dessau, das natürlich verdientermaßen. Was für Privilegien genießen Sie jetzt eigentlich, wenn Sie denn mal in Dessau sind?
Also, ich dürfte unentgeltlich in den Zoo gehen, den es aber nicht gibt und ich dürfte mit der Straßenbahn fahren, was ich aber nicht mache, weil ich gern zu Fuß gehe.
Was spricht definitiv dafür, dass Sie im Anhaltischen Theater in Dessau mit dem neuen Intendanten Johannes Weigand mal wieder auf die Bühne gehen?
Also, wenn man mich fragen würde, bin ich jederzeit bereit. Ich hatte mit dem vorherigen Intendanten Gespräche, die leider ins Nichts geführt haben, das kann ja passieren in dem Beruf. Aber wenn irgendwie Platz wäre, wir haben gerade eine wunderbare Inszenierung von dem Stück „Amadeus“. Das ist der Kampf zwischen Salieri und Mozart und mit der göttlichen Musik von Mozart. Eine außerordentlich gelungene Vorstellung, mit der ich gerne dort gastieren würde. Auch sonst würde ich gerne als Gast Ihnen helfen, da wo ich kann, also die Arme sind weit ausgestreckt.
Inwieweit hatten Sie sich ausgemalt, dass das Schlossparktheater in Berlin, um das Sie sich seit gut sechs Jahren leidenschaftlich kümmern, so ein Erfolg wird?
Das ist natürlich ein schwerer Weg, weil das Theater ja lange zu war, ich musste es ja komplett renovieren, war auf eigene Kosten. Es ist von allen beruflichen mein absolutes Lieblingsprojekt, wo ich mich mit allem, was ich an Tatkraft habe, reinhänge. Wir starten jetzt gerade, wie ich sagte, in die siebte Spielzeit mit dem Stück „Amadeus“. Ich habe bereits zwei Voraufführungen gesehen. Große Qualität, die Leute kommen alle einzeln zu mir und mir tun schon die Schultern weh vom Draufklopfen. Aber das genieße ich natürlich, da starten wir glaube ich mit einem richtig großen Erfolg in die neue Spielzeit.
So, jetzt steht bei Ihnen ein großer, runder Geburtstag an, nämlich die 80, ist das für Sie persönlich nur irgendeine Zahl oder haben Sie da schon Respekt vor der 8, die da jetzt vorne steht?
Also ich bin ja jemand, der vor runden Geburtstagen nie irgendwie Probleme gesehen hat, im Gegenteil. Bei 80 sage ich mir ‚Donnerwetter, gucke mal an! Das habe ich jetzt schon geschafft, mal sehen, was noch drin ist.‘ Ich bin ja generell jemand, der, so wie es in der DDR-Hymne hieß „der Zukunft zugewandt“, ich bin ein optimistischer Mensch und gehe das nächste Lebensjahrzehnt mit Freuden an.
Verraten Sie uns, wie dieser Geburtstag im Hause Hallervorden zelebriert wird, so richtig groß oder doch eher klein?
Also ich hatte ja die Einladung, die goldene Henne zu überreichen, bekommen, in irgendeinem großen Riesensaal, aber ich dachte mir, Preisverleihung und dann wieder vor dem Fernsehen ist für mich nicht nötig. Bekannt genug bin ich ja, Preise genug habe ich auch. Ich bleibe in meinem geliebten Schlossparktheater als Zuschauer und sehe mir dort die Premiere von „Amadeus“ an. Meine Theaterleitung hat viele Leute eingeladen, von denen sie glauben, dass sie mir als Wiedersehen Freude bereiten würden. Ich weiß jetzt noch nicht genau, wer kommt, aber ich lasse mich überraschen. Und da ich Überraschungen liebe, ist das vielleicht auch genau der richtige Weg, den Abend zu bestreiten.
In der ARD wird ein Film ausgestrahlt mit Ihnen an der Seite von Anja Kling, worum geht es darin?
Ja, ich spiele einen Holocaust-Überlebenden, der nach 60 Jahren aus Australien sich entschließt, wieder nach Deutschland zurückzukehren. Der sein Leben nochmal total umkrempelt, in einer außerordentlich optimistischen Art und Weise seine letzten Lebensjahre eben selbst in die Hand nimmt, sich nicht fremdbestimmen lässt und dazu auch noch Erfolg hat damit. Es ist eine sehr berührende Komödie und wurde auch, von dem, was ich an Kritiken gelesen habe, hoch gelobt.
Das war auch das Ziel, dass dieser Film genau zu Ihrem Geburtstag im TV laufen wird, stimmt das?
Ja, das hatte die ARD so vor, zumal auch hinterher noch ein Portrait läuft: „Ein Mann mit Humor und Tiefgang“, dabei würdigt man quasi meine beiden Seiten. Einmal den Kabarettisten und Komiker und mit dem Film eben den Charakterdarsteller.
Sie haben jetzt auch einen neuen Song „Er macht mir Mut“, ein wichtiges Statement gegen Fremdenfeindlichkeit. Was hat es mit diesem Song genau auf sich und warum sollen sich möglichst viele Menschen genau diesen Song zulegen?
Also, erstens mal ist es natürlich generell so, wenn ich mal was mache, möchte ich auch gerne, dass die Leute es sich ansehen und dass es ihnen möglichst gefällt. Aber man muss bedenken, ich war ja Jahrzehntelang als Kabarettist im politisch-satirischen Bereich tätig und hatte einfach Lust, mich nach so einer langen Abstinenz mal wieder satirisch zu Wort zu melden. Schließlich bin ich schon als Jugendlicher durch recht bedrückende Erlebnisse in der DDR zu einem sehr politischen Menschen geworden und so habe ich mich mit diesem Lied zu politischen Fragen als Rundumschlag geäußert, zu denen ich glaube, mal meine Meinung sagen zu müssen.
Warum wurde uns diese andere Seite von Ihnen so lange vorenthalten (Bsp. „Honig im Kopf“)?
Also wenn ich ganz ehrlich bin, ich wusste schon auf der Schauspielschule, dass ich auch das kann. Aber wer lässt Einen? Ich kann ja nur als Schauspieler das spielen, was mir andere vorschlagen und mir zutrauen und die Fantasie von Fernsehredakteuren war eben bis zu „Sein letztes Rennen“ so, dass sie dachten „Ne, das können wir dem Publikum nicht zumuten“. Bis Kilian Riedhof kam, der Regisseur und Autor des Films „Sein letztes Rennen“ und dem bin ich unendlich dankbar, weil ich nun endlich zeigen konnte, was schauspielerisch noch so alles in mir steckt.
Haben Sie in Ihrem Leben jemals ernsthaft Schiffbruch erlitten und sind hingefallen?
Naja, es ist schon so, dass ich zum Anfang anderthalb Jahre lang mit meinem neugegründeten Kabarett-Theater „Die Wühlmäuse“ vor 20, 22 Leuten gespielt habe. Es ist nicht lustig, wenn man nicht einmal das Geld hat, um seine Wäsche waschen zu lassen und seine Eltern bitten muss, obwohl man schon 25 Jahre ist, einem doch mal eine Stulle zu machen. Das war schon eine sehr harte Zeit. Dazu bin ich ja von den Kritikern jahrzehntelang abgewatscht worden, weil sie eben nicht begriffen haben, wie schwer es ist, was Komisches auf die Beine zu stellen. Aber das hat mir nichts ausgemacht. Ich hatte das Publikum auf meiner Seite und das war mir immer wichtiger als die Kritiker.
Sind Sie heute noch Hobbygärtner?
Ja, absolut, ja! Mein Großvater war ja im Gartenbau Architekt, ihm haben wir ja auch den Zustand der Wöhrlitzer Gärten mitzuverdanken und auch den Erhalt der kleinen Synagoge in Wöhrlitz und so weiter. Das ist eben ein Großvater, auf den ich in der Beziehung sehr, sehr stolz bin. Da ist eben ein bisschen was von den Genen bei mir rübergewachsen. Ich buddele gerne mit bloßen Händen in der Erde. Nichts lenkt mich mehr ab von Sorgen oder kleinen Problemchen, da kann ich am besten bei abschalten.
Wo nehmen Sie die ganze Zeit dafür her, denn Sie haben ja gut zu tun?
Ja schon, aber sehen Sie mal. Wenn ich einen Text memorieren würde, da muss ich mich für an den Schreibtisch setzen und muss nochmal gucken, wie kriege ich wieder in den Kopf rein, was ich vor fünf Jahren oder sechs Jahren mal gelernt habe. Aber ab und zu muss man ja auch Zeit haben, die Batterien wieder aufzuladen und da tut mir das eben gut. Ich bin Wassersportler, ich segle gerne, ich surfe gerne und eben ich buddele gerne in der Erde.
Welche Sportarten waren es bei Ihnen in der Jugend?
Tieftauchen und Segelfliegen. Also, die Extreme sozusagen. Gut, heutzutage mache ich das nicht mehr, weil das Segelfliegen lassen die Augen nicht mehr zu, da kriege ich nicht das nötige Attest für. Und Tieftauchen, alles, was ich sehen wollte, habe ich gesehen und nach 38 Metern spätestens verliert sich auch die gute Sicht, weil das Sonnenlicht nicht mehr durchdringt. Also beschränke ich mich mal lieber jetzt auf das Segeln und das Surfen.
Wie hat Ihr Sohn reagiert, als Sie ihm gesagt haben, dass es auch so viele andere schöne Berufe gibt und er nicht unbedingt Schauspieler werden muss, wie er es vorhat?
Er hat mir dann eigentlich immer gezeigt, dass ich im Kopf nicht ganz richtig wäre. Er hatte sich schon fest entschieden und er hat auch insofern ja Recht, weil er ja mit seiner Serie „Billy und der Geist“ großen Erfolg hat. Die Serie ist in den ersten 13 Folgen in alle europäischen Länder verkauft worden, wir drehen jetzt gerade die Fortsetzung. Dazu hat er gerade mein Musikvideo geschnitten, er hat wirklich viel Ahnung von dem Beruf und ich glaube und ich hoffe, dass er mit dieser Berufswahl auf das richtige Pferd gesetzt hat.