Fragen von Bebauungsabständen und Lärm gehören zu den häufigen Streitfällen unter Nachbarn. Wenn Tiere beteiligt sind, wird es nicht einfacher. Beim BGH geht es jetzt um einen offenen Stall für Pferde.
Pferdesport ist so beliebt in Deutschland, dass Konflikte nicht ausbleiben. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe befasst sich am Freitag mit einem Streit aus Sachsen-Anhalt, den es so oder ähnlich zwischen Nachbarn immer wieder gibt. Es geht um den Abstand zur Nachbarbebauung und um Lärm. (V ZR 121/19)
Die Inhaberin eines Pferdehofs errichtete ohne Baugenehmigung auf ihrem Grundstück im Außenbereich - einem Gebiet außerhalb eines bebauten Ortsteils ohne Bebauungsplan - einen offenen Pferdestall. Der Abstand des Stalls zum Haus auf dem Nachbargrundstück beträgt gut zwölf Meter. Bei einem Offenstall können sich die Pferde im Gegensatz zum Boxenstall zwischen dem Innenbereich und einer Auslauffläche frei bewegen.
Die Bauaufsichtsbehörde lehnte es im Jahr 2013 ab, eine Baugenehmigung für den Stall zu erteilen. Vor dem Verwaltungsgericht scheiterte die Eigentümerin des Pferdehofs. Der Offenstall lasse die gebotene Rücksichtnahme auf das Wohnhaus vermissen, urteilte das Gericht. Denn der Stall befindet sich unmittelbar an der Grundstücksgrenze, und die Auslaufboxen sind zu den Ruheräumen des Nachbarhauses ausgerichtet.
Die Nachbarn klagten vor dem Landgericht (LG) Halle gegen die Pferdehof-Eigentümerin und die Betreiberin einer Reitschule auf dem Hof. Das Gericht untersagte die Pferdehaltung in dem Stall. Das Oberlandesgericht (OLG) Naumburg sah die Sache anders: Demnach muss nur der geltende Lärm-Grenzwert eingehalten werden.
Das OLG begründete die Entscheidung mit der nicht unerheblichen Lärmbelästigung. Die Nutzung des Stalls sei auch nicht ortsüblich, weil keine behördliche Genehmigung vorliege. Allerdings könnten die Kläger nur die Unterlassung der Lärmbelästigung verlangen, nicht jedoch der Pferdehaltung. Das Urteil gegen die Reitschulbesitzerin wurde aufgehoben. Es sei nicht klar, ob sie den Stall überhaupt für ihre Pferde nutze.
Urteilnoch am Freitag?
Die Vorsitzende Richterin Christina Stresemann am BGH machte in der Verhandlung am Freitag deutlich, dass der Senat Mängel im Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) Naumburg sieht und es in der Revision vor allem um die Einheitlichkeit der Rechtssprechung gehen soll. (V ZR 121/19)
Laut Urteil des Verwaltungsgerichts kann eine nachträgliche Baugenehmigung für den Offenstall nicht erteilt werden. Die Beklagte hatte das Gebäude in der Annahme errichtet, sie bräuchte keine Baugenehmigung. Ihr wurde untersagt, weiterhin Pferde in dem Stall unterzubringen.
Das OLG urteilte dagegen, die Betreiberin des Hofs müsse nur die vorgeschriebenen Lärmgrenzwerte einhalten, etwa durch eine Polsterung der Wände oder einen geeigneten Bodenbelag. Der BGH-Senat sei nach der Vorberatung der Meinung, dass das OLG an das Urteil des Verwaltungsgerichts gebunden sei, sagte Stresemann.
Ob noch am Freitag ein Urteil verkündet wird, war zunächst nicht klar.