Eine Demonstration gegen das Verbot der Internet-Plattform «Linksunten.Indymedia» ist am Samstagabend in Leipzig aus dem Ruder gelaufen. Vermummte Demonstranten zündeten immer wieder Böller und Bengalos. Außerdem rissen sie Pflastersteine aus dem Boden und zertrümmerten das Glas eines Wartehäuschens der Straßenbahn sowie Autoscheiben. Als an einer Kreuzung in der Südvorstadt ein regelrechter Stein- und Flaschenhagel auf Polizeiautos niederging, stoppte die Demo. Im Laufe der Demonstration wurden laut Polizei 13 Beamte leicht verletzt. Ob es auch unter den Demonstranten Verletzte gab, war der Polizei in der Nacht zum Sonntag nach eigenen Angaben nicht bekannt.
«In dem Moment, wo Straftaten begangen werden, kann man nicht mehr vom friedlichen Verlauf einer Veranstaltung sprechen», sagte Leipzigs Polizeisprecherin Silvaine Reiche. Sechs Tatverdächtige seien vorläufig festgenommen worden, weil ihnen unter anderem Landfriedensbruch, Körperverletzung und Sachbeschädigung vorgeworfen werde. Anlass der Demonstration war die Verhandlung über das Verbot von «Linksunten.Indymedia» am Bundesverwaltungsgericht in der nächsten Woche.
Auch Polizisten aus Thüringen, Brandenburg und Niedersachsen im Einsatz
Behelmte Polizisten mit Schutzschilden und Demonstranten standen sich nach den Steinwürfen eine ganze Weile gegenüber. Laut Polizei und Versammlungsbehörde hatten sich ungefähr 1600 Menschen an der Demo beteiligt. Angemeldet waren 500. Linke Gruppen und Netzaktivisten hatten bundesweit dafür mobilisiert. Nach einigem Hin und Her wurde nach dem Stopp der ersten Demonstration eine Fortsetzung bis zum linksalternativen Stadtviertel Connewitz angemeldet. Dort löste sich die Versammlung schließlich auf.
Die Polizei war mit einem Großaufgebot im Einsatz - nicht zuletzt wegen der Eskalation in der Silvesternacht in Connewitz. Dabei waren nach Polizeiangaben mehrere Polizisten angegriffen und verletzt worden, ein 38 Jahre alter Beamter wurde im Krankenhaus behandelt. Die Ermittler gehen von Linksextremisten als Tätern aus, die Staatsanwaltschaft ermittelt wegen versuchten Mordes gegen die unbekannten Angreifer.
Am Samstagabend wurde die sächsische Polizei unterstützt von Einsatzkräften aus Bayern, Brandenburg, Thüringen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen und der Bundespolizei.
Nach Silvester waren auch Vorwürfe eines rabiaten Vorgehens der Polizei laut geworden und sie musste ihre Darstellung des Geschehens nachträglich korrigieren. Diesmal setzte die Polizei betont auf Deeskalation und hielt sich lange im Hintergrund. Erst nach den Aggressionen aus der Demo heraus schritt sie ein.
Spuren am Sonntag noch zu sehen
Die Höhe des angerichteten Sachschadens könne noch nicht beziffert werden, sagte ein Stadtsprecher am Sonntag. Die Spuren der Eskalation waren auch am Sonntag noch deutlich zu sehen. Neben dem Wartehäuschen wurden auch die Scheiben eines Sandwich-Imbiss' attackiert, zerbarsten aber nicht. An einer Konsum-Filiale überdeckten Pressspanplatten an der Tür und an einem Schaufenster die Schäden.
BVerwG verhandelt über Verbot der Plattform
Am Bundesverwaltungsgericht in Leipzig wird an diesem Mittwoch (29. Januar) über Klagen gegen das Verbot der Plattform «Linksunten.Indymedia» verhandelt. Das Bundesinnenministerium hatte 2017 ein Vereinsverbot erlassen, unter anderem weil auf dem Portal Gewaltaufrufe publiziert worden seien. Bei der Kundgebung am Samstag, die zunächst ruhig begonnen hatte, kritisierten Redner das Verbot als Anschlag auf «linke, emanzipatorische Projekte».