Poggenburg aus der AfD ausgetreten

André Poggenburg hat die AfD verlassen und den Parteivorstand zum Abschied scharf kritisiert. Der Landtagsabgeordnete aus Sachsen-Anhalt und einstige Landesparteichef bestätigte der Deutschen Presse-Agentur am Freitag, dass er mit sofortiger Wirkung seinen Parteiaustritt erklärt hat. Poggenburg, der in der Vergangenheit immer wieder durch verbale Entgleisungen auffiel, hat der «Welt» (Freitag) zufolge bereits eine neue Partei gegründet: Mit ihr wolle er im Herbst bei den Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg antreten. Die Differenzen mit der AfD-Parteiführung in Berlin hätten «letztlich ein unüberbrückbares Ausmaß angenommen, so dass ich mich dazu entschieden habe, meinen politischen Kampf für dieses Land außerhalb der AfD weiterführen zu müssen», sagte Poggenburg der «Welt». Zudem habe die Partei Wahlversprechen gebrochen, weshalb ihm nur der Austritt geblieben sei. Poggenburgs Fazit: «Sie wird oft nicht mehr als wirklich patriotische Alternative wahrgenommen und hat diesbezüglich stark an Glaubwürdigkeit verloren.» Ganz anders werden soll das dem Bericht zufolge mit jener Partei, die der 43-Jährige am Donnerstag in Sachsen gegründet habe - unter dem Namen «Aufbruch deutscher Patrioten - Mitteldeutschland». In der Nacht postete er auf seiner Facebook-Seite bereits Fotos, die Namen und Logo der neuen Gruppierung zu zeigen scheinen. Ihr haben sich dem «Welt»-Bericht zufolge noch weitere enttäuschte AfD-Mitglieder angeschlossen. Im Vorstand der neuen Partei sitzen demnach Egbert Ermer und Benjamin Przybylla, die bisher der sächsischen AfD angehörten. «Spiegel Online» hatte Ermer am Donnerstag mit dem Satz zitiert: «Das Projekt Parteigründung geht heute los.» Geplant sei eine «mitteldeutsche Bewegung», mit Zweigen unter anderem in Brandenburg und Sachsen. Poggenburg kritisiert eine Hysterie in der AfD, hinter der die Angst vor einer drohenden Beobachtung durch den Verfassungsschutz stecke. Allerdings war er selbst auch schon mehrfach bei Parteifreunden mit markigen Sprüchen angeeckt. Zuletzt hatte Poggenburg am Silvestertag auf Twitter «Den Mitbürgern unserer Volksgemeinschaft ein gesundes, friedliches und patriotisches 2019!» gewünscht. Vergangenes Jahr hatte Poggenburg in einer Rede zum politischen Aschermittwoch in Deutschland lebende Türken pauschal als «Kümmelhändler» und «Kameltreiber» verunglimpft, die hierzulande «nichts zu suchen und nichts zu melden» hätten. Im Juni 2017 handelte ihm die Veröffentlichung interner Chat-Protokolle aus dem Landesverband Sachsen-Anhalt eine Rüge des Parteivorstands ein: Poggenburg hatte in dem Chat die Parole «Deutschland den Deutschen» benutzt und über eine «Erweiterung der Außengrenzen» spekuliert. In einer Fraktionssitzung am Donnerstag in Magdeburg forderten seine Parteikollegen von ihm ein «klares und aufrichtiges» Bekenntnis zur AfD. Es sei ein Antrag auf Ausschluss «an den Vorstand herangetragen worden», sagte der Parlamentarische Geschäftsführer Robert Farle wenige Stunden vor Poggenburgs Austrittserklärung. Am Mittwoch hatte Poggenburg zwar noch offen gelassen, ob er in der AfD und der Fraktion in Sachsen-Anhalt bleibt. Allerdings sagte der ehemalige Kleinunternehmer schon da: «Wenn sich das Logo und die Sache, für die man angetreten ist, immer weiter voneinander wegbewegen, muss man sich irgendwann entscheiden, ob man dem Logo oder der Sache folgen will.» Damit heizte er Spekulationen über eine Partei-Neugründung unter seiner Führung an. Er und seine Mitstreiter sähen die AfD trotz der Meinungsverschiedenheiten aber «nicht als unseren politischen Gegner», sondern als «Verbündeten», sagte Poggenburg der «Welt». Man wolle die Partei «im mitteldeutschen Raum ergänzen». Eine Kooperation mit der NPD sei hingegen «überhaupt nicht geplant». Nach mehreren umstrittenen Reden, in denen er sich auch Vokabulars aus der Nazi-Zeit bediente, war Poggenburg im März 2018 auf internen Druck als Partei- und Fraktionschef in Sachsen-Anhalt zurückgetreten. Später hatte er Meinungsverschiedenheiten mit anderen führenden Mitgliedern des rechtsnationalen Flügels in der AfD. Dessen bekanntester Vertreter ist der Thüringer Landeschef Björn Höcke. Nach Poggenburgs Rücktritt schrieb der AfD-Fraktions-Chef in Rheinland-Pfalz, Uwe Junge, auf Twitter: «Endlich - ich hoffe, er nimmt den ganzen Narrensaum und die selbst ernannten Patrioten mit!» Die Soziologin Jutta Ditfurth stellte auf Twitter die Frage in den Raum, ob Poggenburgs Ausscheiden wohl den Weg für CDU-Koalitionen mit der AfD auf Länderebene freimachen solle. Die Delegierten der AfD treffen sich an diesem Freitag im sächsischen Riesa, um ihr Programm für die Europawahl im Mai zu beschließen. Außerdem wollen die Rechtspopulisten weitere Kandidaten wählen. Im November hatten sie die ersten 13 Listenplätze vergeben. Ihr Spitzenkandidat ist Parteichef Jörg Meuthen. Er ist bislang der einzige AfD-Politiker im Europäischen Parlament.
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