Der Musiker Gil Ofarim hat am Dienstag, 12. Oktober 2021 Anzeige gegen einen Leipziger Hotelmitarbeiter erstattet.Das teilte seine Managerin am Nachmittag auf Nachfrage von radio SAW mit. Der Termin war für heute geplant, Ofarim sagte bei der Polizeiin München als Zeuge aus. Er wirft dem Beschäftigten des The-Westin Hotels in Leipzig vor, dieser hätte ihn aufgefordert seine Kette mit Davidstern einzustecken, erst dann dürfe er einchecken.
Der Mann wiederum hat den Musiker wegen Verleumdung angezeigt. Ofarim hattevorige Woche in einem Video den aus seiner Sicht antisemitischen Vorfall geschildert. Polizei und Staatsanwaltschaft prüfen indes, was wirklich zwischen beiden vorgefallen ist.
Das Video wurde seither mehr als 3,3 Millionen Mal angesehen. Er selbst bezeichnet sich als säkularer Jude. Der Vorfall hat Empörung und Solidarität ausgelöst. Die Marriott-Gruppe, zu der das Leipziger Hotel gehört, hat gegenüber Ofarims Management ihr «tiefes Bedauern» über den Vorfall ausgedrückt.
Für ihn sei es nicht das erste Mal, dass er mit Antisemitismus konfrontiert wurde, betonteOfarim. «Nur aus der Mitte der Gesellschaft, in einem Hotel, in dem jeden Tag Menschen aus aller Welt willkommen geheißen werden - das habe ich so noch nicht erlebt.» Er glaube nicht, dass das ganze Hotel und sein Personal diese Gesinnung habe. «Es sind immer einzelne Personen», betonteOfarim. Aber solcher Antisemitismus in der Gesellschaft sei Gift. Er hätte sich gewünscht, dass ihm in der konkreten Situation jemand zur Seite gesprungen wäre.
Dem in Internetkommentaren häufig geäußerten Vorwurf, ihm gehe es um Aufmerksamkeit, wiesOfarimenergisch zurück. Niemand würde sich freiwillig zur Zielscheibe rechter Gesinnungen machen, betonte er. Schon gar nicht für PR-Zwecke. Der Vorfall in dem Hotel sei kein spezifisches Problem für Leipzig, sondern ein gesellschaftliches Problem in Deutschland. «Ich war oft in Leipzig, ich liebe diese Stadt», sagte der Sänger. «Es ist eine wunderschöne Stadt, vielleicht sogar eine der schönsten in Deutschland.»
Am Montagabend, 11. Oktober 2021 äußerte sichOfarimin der Fernsehsendung «Zervakis & Opdenhövel. Live.» des TV-Senders Pro Sieben über seinen Fall. «Ich bin nach wie vor sprachlos und schockiert, zugleich aber auch nicht überrascht.» Er habe mit Antisemitismus schon öfters Erfahrungen gemacht, aber nicht so. Er spüre viel Solidarität, frage sich aber auch, ob sich etwas ändern werde an der Situation. «Es war vielleicht ein Angriff zu viel», sagteOfarimvor dem Hintergrund, warum er per Video die Öffentlichkeit suchte. Er habe sich zur Zielscheibe gemacht und werde nun bedroht. Am Sonntag habe ihn eine Nachricht erreicht mit der Aussage, «bei der nächsten Säuberung bist Du ganz vorne mit dabei, mein Freund».
Ofarim mahnt ingesamt einen Wandel in der Gesellschaft an. «Ich hoffe, dass irgendetwas passiert», sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Die Gefahr sei, dass die Debatte nach kurzer Zeit verpuffe. «Was mir widerfahren ist, passiert jeden Tag in Deutschland, aber oftmals Menschen, die vielleicht keine Plattform haben, um darauf aufmerksam zu machen.» Betroffene hätten oft Angst, sich zu melden. Er habe damit gerechnet, dass seine Aktion Wellen schlage, das Ausmaß habe ihn dennoch überrascht. Die Folgen könne er für sich noch nicht abschätzen. Jüngst habe ihn die Polizei nach einem Auftritt zur Sicherheit eskortiert.