Aufarbeitung nach Terror in Halle

Innenminister weist Kritik an Einsatz zurück

Nach dem Attentat und dem Polizeieinsatz am Mittwoch, 9. Oktober 2019 in Halle hat Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht die Polizei gegen Kritik verteidigt. Zudem stellte Stahlknecht einen Plan für mehr Sicherheit vor. So sollen in Halle mehr Spezialkräfte stationiert werden.

"Die Frage der Unterbringung der 4. Einsatzhundertschaft (...), ist innerhalb der nächsten vier Wochen zu klären. Ich setze da ein Ulitmatum! Es muss sichergestellt werden, dass die 4. Einsatzhundertschaft in Halle voll einsatzfähig ist. Wir haben dort bereits einen Zug, wir haben das Personal vorhanden, wir haben die Ausrüstung vorhanden. Ich erwarte jetzt, dass uns die Liegenschaft zur Verfügung gestellt wird!", so Sachsen-Anhalts Innenminister Holger Stahlknecht am Montag, 14. Oktober 2019

Insgesamt waren 740 Polizisten vorigen Mittwoch in Halle im Einsatz. Zwischen dem ersten Notruf aus der Synagoge und der Festnahme auf der B 91 im Burgenlandkreis vergingen eineinhalb Stunden. Das bestätigte die Referatsleiterin des Innenministeriums Christiane Bergmann am Nachmittag auf einer Pressekonferenz. Dem Mann gelangdie Flucht, teils mit zerschossenen Reifen, bis auf die B 91 bei Werschen. Dort wurde der 27-jährige nach einem Verkehrsunfall festgenommen. Sachsen-Anhalts Innenminister Stahlknecht, bedankte sich bei der Polizei, als Panne wollte er den Einsatz nicht bezeichnen.

Zuvor begann am Montag, 14. Oktober 2019 die politische Aufarbeitung der Tag. ImLandtag kamen am Vormittag (10.00 Uhr) die Innenexperten zu einer Sondersitzung zusammen. Sie wollten von der Landesregierung wissen, was inzwischen zu den Ereignissen und den Hintergründen bekannt ist.

Die AfD-Abgeordneten wollten von Innenminister Holger Stahlknecht (CDU) Antworten zur Reaktionsgeschwindigkeit der Polizei am Tattag. Dieser kündigte für die Zukunft Veränderungen bei der Polizei an. Die Rund-um-die Uhr-Bewachung von Moscheen und Synagogen gilt ab sofort. Dazu will der Minister besseren baulichen Schutz der Gebäude undInvestitionen in mobile Wachen. Stahlknecht will auch mehr Befugnisse für den Verfassungsschutz bei der Telefon-und Internetüberwachung auch mit sogenannten Staatstrojanern. Das geht allerdings nicht so einfach per Minister-Beschluß, dafür müßten Gesetze geändert werden.

Am Wochenende hatte sich der Präsident des Zentralrats der Juden erneut zu Wort gemeldet und Stahlknecht widersprochen. Der Innenminister hatte betont, die Polizei sei der Bitte um Schutz stets nachgekommen. Diese Aussage sei unzutreffend, entgegnete Schuster. Inzwischen werden alle jüdischen Einrichtungen und zwei Moscheen in Sachsen-Anhalt permanent von der Polizei bewacht.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte kurz nach der Tat angekündigt, mit seinen Länderkollegen über einen besseren und einheitlichen Schutz von Synagogen und Jüdischen Gemeinden sprechen zu wollen. Zu diesem Zweck soll es ein Sondertreffen der Innenministerkonferenz geben. Angepeilt ist sie für Freitag in Berlin, ganz sicher war der Termin zuletzt allerdings noch nicht.

In der großen Koalition wurde unterdessen nach einem Bericht des «Handelsblatts» (Montag) über die Überwachung von Messengerdiensten gestritten. Auslöser sind Forderungen der Union, den Sicherheitsdiensten mehr Befugnisse im Internet zu gewähren. «Wenn unsere Sicherheitsbehörden im digitalen Zeitalter effektiv arbeiten wollen, benötigen sie auch die entsprechenden Instrumente", sagte der CDU-Sicherheitspolitiker Patrick Sensburg. Dies stoße in der SPD auf Widerstand. «Wer eine bewusste Schwächung der Kommunikation fordert, nimmt in Kauf, Schäden für unbescholtene Nutzerinnen und Nutzer herbeizuführen», sagte der digitalpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jens Zimmermann.

In Berlin soll zudem das geheim tagende Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages zusammenkommen, um sich mit dem Anschlag zu befassen. Das Gremium soll die Arbeit der Geheimdienste kontrollieren. Bisher hieß es, die Sicherheitsbehörden hätten den verhafteten 27-Jährigen nicht auf dem Schirm gehabt.

Der gebürtige Sachsen-Anhalter hat gestanden, den Anschlag aus rechtsextremen und antisemitischen Motiven begangen zu haben. Am 9. Oktober hatte ein schwer bewaffneter Mann versucht, in die mit mehr als 50 Gläubigen besetzte Synagoge zu gelangen. Als das scheiterte, erschoss er eine 40 Jahre alte Passantin und kurz darauf einen 20 Jahre alten Mann in einem nahen Dönerladen. Auf seiner Flucht verletzte der Schütze ein Ehepaar schwer. Er konnte nach bisherigen Angaben knapp 90 Minuten nach Bekanntwerden der Tat festgenommen werden. Der 27-jährige Deutsche sitzt in Untersuchungshaft.

In Halle gehen die Trauer und das Gedenken an die Opfer des Anschlags auch fünf Tage nach der Tat weiter. Für Montagabend (ab 17.00 Uhr) haben Vertreter der Kirche zu einem Ökumenischen Gottesdienst in der Marktkirche eingeladen. Zu dem Gedenken wird auch Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) erwartet.

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