Die Tattoos des Aktionskünstlers Flatz sollen nach seinem Tod als Kunstwerke weiter existieren. Deshalb will der gebürtige Österreicher am Donnerstagabend Stücke seiner eigenen Haut beim Londoner Auktionshaus Christies versteigern. «To Risk One's Own Skin», die eigene Haut zu Markte tragen, nennt sich die Benefizauktion. Zeitgleich wird eine Ausstellung in der Pinakothek der Moderne in München eröffnet. «Flatz. Something Wrong with Physical Sculpture» zeigt bis zum 5. Mai Performances, Skulpturen und multimediale Rauminstallationen des 71-jährigen Wahlmünchners - und eine lebensgroße, Puppe von Flatz - nackt bis auf die vielen Tätowierungen.
13 Tattoos verschiedener Größen hat sich der gelernte Goldschmied aus Vorarlberg im Laufe seines Lebens stechen lassen, etwa Sprüche wie «Mut tut gut», einen Barcode oder ein Wappen. Wer den Zuschlag für eines der Lose erhält, bekommt aber vorerst nicht das Original, sondern einen Platzhalter - eine lebensgroße Schwarz-weiß-Fotografie des Körpers von Flatz, auf der die ersteigerte Hautpartie farbig hervorgehoben ist. Nach seinem Tod soll das echte Hautstück abgetrennt und eingefügt werden, präpariert und hinter Glas.
Er sehe seine Haut als eine Art Leinwand, erläutert Flatz, der 1992 bei der Documenta IX in Kassel dabei war und in seinen teils extremen Aktionen oft seinen Körper thematisiert oder gar selbst einsetzt. Der Körper sei das erste Ausdrucksmittel eines Menschen, sein erstes Kleid, das mit ihm altert und stirbt. Dabei bezieht er sich auf eine japanische Tradition, aufwendige Tattoos posthum wie Kunstwerke zu behandeln. Nun will er seine eigene Haut als Kunstwerk definieren, das ihn überlebt.
Das Thema Sterben macht Flatz keine Angst. «Der Tod ist etwas ganz Normales, ein Kreislauf», findet er. «Ich habe mich mit dem Tod dezidiert auseinandergesetzt und bin auch oft an die Grenzen gegangen.» Auf seiner Homepage gibt er Einblicke in seine Aktionskunst, die aufrüttelnd und mitunter verstörend ist. So durfte das Publikum 1979 in Stuttgart den nackten Künstler mit Dartpfeilen bewerfen. Und 1990 hängte er sich im georgischen Tiflis in einer zerstörten Synagoge an einem Seil von der Decke. Wie ein Glockenschwengel pendelte er hin und her und knallte dabei immer wieder mit dumpfen Dröhnen gegen zwei riesige Metallplatten, bis er schließlich bewusstlos wurde.
Damit nach seinem Tod juristisch alles klappt, hat er ein Testament. Dort werde festgelegt, wer welches Hautteil bekomme und was mit seinem restlichen Körper geschehen solle. «Der wird verbrannt und in einer Urne unter einem Baum begraben», berichtet Flatz. «Die Haut gebe ich der Kunst und der Körper geht in die Natur zurück.» Doch bis dahin könnte es noch dauern, hofft Flatz und verkündet: «Ich will 100 werden».