Desktop-App «Breitbandmessung.de»

Zu langsames Internet

Messungen belegen Defizite im heimischen Netz

Festnetz-Internetist in vielen Fällen deutlich schlechter als vertraglich vereinbart. Wie die Bundesnetzagentur auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mitteilte, bekamen Verbraucher imRahmen eines seit Dezember gültigen Minderungsrechts bisher knapp 15 000 sogenannter Messprotokolle. Dabei wurde «fast ausschließlich» ein Minderungsanspruch festgestellt - die Leistung war also so mies, dass die Verbraucher Anspruch auf eine niedrigere Bezahlung hatten.

Wie hoch die Minderung ist, besagen die Protokolle nicht - das sollen die Verbraucher mit ihrenAnbietern klären. Netzagentur-Chef Klaus Müller sagte, man freue sich, dass das Messtool «breitbandmessung.de» gut angenommen werde.

Internettarife enthalten ein Produktinformationsblatt, in dem der Anbieter die maximale, die minimale und die normalerweise zur Verfügung stehende Datenrate angibt.Von diesenVorgaben darf es keine «erhebliche, kontinuierliche oder regelmäßig
wiederkehrende Abweichung» geben, wie einGesetz besagt.

Download stärker betroffen

Die Ergebnisse der Messungen belegen nun aber Defizite, aus denen sich Rechtsansprüche ableiten lassen. Am häufigsten geht es um die normalerweise zur Verfügung stehende Übertragungsgeschwindigkeit. Zudem ist der Download stärker betroffen als der Upload.

Das noch recht junge Minderungsrecht stärkt die Rolle des Verbrauchers gegenüber seinemAnbieter, seit Mitte Dezember ist das dafür nötige Messtool nutzbar. Die Desktop-App «breitbandmessung.de» gibt Aufschluss, ob das Festnetz daheim den Vorgaben entspricht und ob die Abweichungen so stark sind, dass die Verbraucher einen Anspruch auf Preisminderung haben.

Auch Messungen in den vergangenen Jahren zeigten Mängel auf

Ähnliche Messungen über die App der Bundesnetzagentur hatte es schon in den vergangenen Jahren gegeben, sie hatten ebenfalls Mängel aufgezeigt. Ein Rechtsanspruch ergab sich aus den älteren Messungen aber nicht - das ist erst seit etwa drei Monaten der Fall.

Um einMessprotokollzubekommen, sind im Rahmen des neuenRechts insgesamt 30 Messungen an 3 unterschiedlichen Kalendertagen nötig. Zwischen den Messungen sollen mindestens fünf Minuten liegen, beziehungsweise zwischen der fünften und sechstenMessung eines Tages mindestens dreiStunden.Der Gesamtzeitraum für die «Messkampagne» - so wird die vorgeschriebene Reihe an 30 Tests genannt - darf nicht länger sein als zweiWochen. Diese Vorgaben machen deutlich, dass Verbraucher es auch wirklich ernst meinen müssen mit der Überprüfung - mal eben so nebenbei bekommt man das Messprotokoll nicht.

Ende Februar 15.000 beendete Messungen

Zum einen teilte die Netzagentur mit, dass imZeitraum Mitte Dezember bis Ende Februar knapp 15 000 Messkampagnen beendet wurden und dieVerbraucher dann ein Protokoll bekamen. Zum anderen seien etwa dreimal so viele Kampagnen angefangen, aber nicht abgeschlossen worden. Warum so viele Verbraucher bei einer Kampagne vor der 30.und finalen Messung ausgestiegen sind, ist unklar.

Reaktion der Internetanbieter

Und wie reagierten Internetanbieter auf die ersten Zahlen zum neuen Minderungsrecht? EinSprecher derDeutschenTelekom sagte, man erhalte zurzeit relativ wenige Messprotokolle von den Kunden. In den vergangen zweiMonaten seien es durchschnittlich zehnproTag gewesen. «Wir suchen dann immer nach einer kulantenLösung», sagte er. «Wenn nach Klärung der Ursache für das Messergebnis ein Anspruch besteht, gewähren wir selbstverständlich eine Minderung auf den monatlichen Betrag.» Der Beitrag variiere je nachKunde und Vertrag.

Vodafone teilte knapp mit, dass bisher «wenige» Kunden vomMinderungsrecht Gebrauch gemacht hätten. «Zahlen veröffentlichen wir dazu nicht», sagte einSprecher.

"Höhe des Anspruchs sollte klar sein"

Verbraucherschützer werteten die Zahlen zumMinderungsrecht als Beleg für eine große Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit beim heimischenInternet. Rund 15 000 komplett durchgeführte Messkampagnen binnen zweieinhalb Monaten seien «nicht unbeachtlich», schließlich sei der Aufwand hoch, sagte Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW. Die Zahl der Verbraucherinnen und Verbraucher, die sich in denBeratungsstellenzudemThema informierten, steige stetig.

Der Verbraucherschützer monierte, dass die Höhe des Anspruches nicht klar sei - Festnetz-Nutzer müssten nachSichtung des Protokolls selbst entscheiden, wie viel sie weniger zahlen wollten. Die Telekommunikationsanbieter böten dann häufig nur einen geringen Preisabschlag und erklärten nicht, wie sie auf den Betrag kämen. «Mehr Transparenz der Provider wäre hilfreich», sagte Flosbach.

Entschädigungsmodelle sollen kommen

Tatsächlich könnte sich die Situation für die Verbraucher bald verbessern. Denn Bundesnetzagentur-Präsident Müller sagte, seine Behörde stehe «im Interesse der Kundinnen und Kunden im Dialog mit der Branche, um vereinfachte Entschädigungsmodellezuerreichen».

Der digitalpolitische Sprecher der Grünen imBundestag, MaikAußendorf, rechnet bei «breitbandmessung.de» mit steigenden Nutzungszahlen, da dieses Instrument an Bekanntheit gewinne. Wie die allermeisten der rund 15 000ausgestellten Messprotokolle belegten, zahlten die Nutzerinnen und Nutzer «für eine Bandbreite, die sie schlussendlich nicht erhalten», sagte der Politiker. «Das ist nicht akzeptabel und zeigt, dass dieses Instrument zum Schutz der Verbraucherinnen und Verbraucher längst überfällig gewesen ist.»

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