Was wusste das persönliche Umfeld?

Nächster Prozesstag zum Attentat von Halle

Ist der Angeklagte im Prozess zum rechtsterroristischen Anschlag vonHalleein Einzeltäter, wie er vorgibt?Wusste wirklich niemand, was der Mann vorhatte, so wie er behauptet? Die Nebenklage hat daran erhebliche Zweifel und will am Mittwoch (10.00 Uhr) Menschen aus dem persönlichen Umfeld des Beschuldigten befragen. Geladen sind unter anderem Mutter, Vater und Schwester des 28-Jährigen. Es wird jedoch erwartet, dass sie von ihrem Zeugenverweigerungsrecht Gebrauch machen.

Lehrer und Mitschüler werden heute befragt

Außerdem sollen Lehrerinnen und Mitschüler befragt werden, insgesamt sind nach Angaben eines Sprechers am vierten Prozesstag acht Zeugen geladen. Die Befragungen werden auch deshalb mit Spannung erwartet, da sich der Angeklagte bei persönlichen Angaben, anders als bei Fragen zur Tat, bislang ausgesprochen wortkarg gab. Der Beschuldigte hatte bisher stets beteuert, allein gehandelt zu haben und dass niemand von seinem Plan gewusst hatte.

War rechtsextreme Gesinnung bekannt?

Am Dienstag hatten bereits mehrere Anwälte Aussagen von Verwandten und Bekannten zitiert, die darauf hindeuten, dass dessen rechtsextreme Weltanschauung seinem Umfeld durchaus bekannt war. Das Gericht hatte auch einen Brief verlesen, den die Mutter des Angeklagten vor einem Suizidversuch in Folge des Anschlags an ihre Tochter, die Schwester des Beschuldigten, geschrieben haben soll. Daraus ging hervor, dass auch die Mutter antisemitischen Verschwörungstheorien nahe steht. Der Angeklagte begründete die Äußerungen damit, dass die Mutter zu dem Zeitpunkt unter dem Einfluss von Alkohol und Tabletten gestanden habe. Während er bei Fragen der Kläger und Nebenkläger oft lacht oder sich flapsig gibt, starrte der 28-Jährige bei der Verlesung des Briefes still auf den Tisch vor sich.

Der Angeklagte Stephan Balliet hatte zu Prozessbeginn eingeräumt, am 9. Oktober 2019 schwer bewaffnet versucht zu haben, in der Synagoge vonHalleein Massaker anzurichten. In dem Gotteshaus feierten zu dem Zeitpunkt 52 Menschen den höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur. Dem Angeklagten gelang es jedoch nicht, in die Synagoge zu gelangen. Daraufhin erschoss er vor der Synagoge eine zufällig vorbeikommende 40-Jährige und später einen 20-Jährigen in einem Dönerimbiss.

Außerdem verletzte Balliet auf seiner Flucht weitere Menschen und lieferte sich einen Schusswechsel mit derPolizei, bevor ihn die Beamten bei Zeitz festnehmen konnten. Der Mann filmte die Tat und streamte das Video live ins Internet.

Ablauf des weiteren Prozesses

Das Oberlandesgericht Naumburg führt die Verhandlung, aus Platzgründen findet sie jedoch am Landgericht Magdeburg statt. Die Dimensionen des Prozesses sind für die Justiz in Sachsen-Anhalt eine Herausforderung:45 Nebenkläger haben sich inzwischen der Klage angeschlossen, sie werden von 22 Anwälten vertreten. Die Bundesanwaltschaft wirft Balliet 13 Straftaten vor, darunter Mord und versuchten Mord. Die Anklageschrift umfasst 121 Seiten. 147 Zeugen sind benannt. Das Gericht hat zunächst insgesamt 18 Verhandlungstage bis Mitte Oktober angesetzt.

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