Jahreswechsel 1978/79: Eine Eisfront mit sibirischer Kälte überzieht zunächst den Norden und später den gesamten Osten Deutschlands. Vor allem die Insel Rügen trifft es besonders hart. Rund 40 Dörfer sind nicht mehr erreichbar. Bis zu sieben Meter hohe Schneewehen türmen sich auf den Straßen. Züge bleiben im Schnee stecken, das Essen wird knapp.Verschärft wurde 1978/79 die Lage auf Rügen dadurch, dass Telefon- und Stromleitungen unter den Schneemassen zusammenbrachen. Für rund eine Woche ruhte das öffentliche Leben. Die DDR-Führung erkannte lange Zeit nicht das Ausmaß der Katastrophe. Erst am 3. Januar schickte sie Panzer auf die Insel.
Dennoch könnte nicht der ganze Winter vor 40 Jahren als katastrophal bezeichnet werden, so Meteorologe Stefan Kreibohm vom Wetterstudio Hiddensee. Er wünscht sich eine differenziertere Betrachtungsweise. Neben dem Schneechaos zum Jahreswechsel und einem zweiten, aber kürzeren Schneesturm im Februar habe es auch wärmere Phasen gegeben. Der Winter 78/79 sei in seiner Gesamtheit nicht außergewöhnlich kalt oder schneereich gewesen, sagte der Experte.
Eine Schneekatastrophe wie damals ist nach Ansicht des Meteorologen Kreibohm auch in Zeiten der weltweiten Klimaerwärmung möglich. Die Wahrscheinlichkeit für ein solches Ereignis werde aber geringer, sagte Kreibohm. Vor 40 Jahren sei es zu einem ungewöhnlichen Zusammentreffen mehrerer Wetterphänomene gekommen. Dazu gehörten etwa eine extreme Kälte im Norden und ein aus dem Süden kommendes, sehr langsam ziehendes Tief, so dass die kalte Luft über der Ostsee zusätzlich viel Feuchtigkeit aufnehmen konnte. Sollte die Erderwärmung aber so weiter fortschreiten, dass sich in der Arktis nur wenig oder kein dauerhaftes Eis mehr bilde, könne sich dort auch keine kalte Luft wie im Winter 78/79 ansammeln, sagte Kreibohm. Doch das sei ein fernes Zukunftsszenario. «Die Schneeschieber werden noch gebraucht. Sie können noch an die Enkelgeneration weitergegeben werden.»