Als ZeichenderSolidarität hat EU-Kommissionschefin UrsulavonderLeyenmitten im Krieg die Ukraine besucht und sich ein BildvonGräueltatenderrussischen Armee gemacht. Als erste westliche Spitzenpolitikerin fuhr sie nach Bekanntwerden mutmaßlich russischer Kriegsverbrechen in den Kiewer Vorort Butscha. "Wir haben das grausame GesichtvonPutins Armee gesehen, wir haben die Rücksichtslosigkeit und die Kaltherzigkeit gesehen, mitdersie die Stadt besetzt hat", sagte sie am Freitag. Bei einem Treffen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kiew versprach sie, beim EU-BeitrittderUkraine Tempo zu machen. "Ich bin heute mit dir hier in Kiew, um ein deutliches Zeichen zu setzen, dass die Europäische Union an eurer Seite steht."
Kurz vor ihrer Ankunft in Kiew schlugen auf einem Bahnhof inderOstukraine Raketen ein und töteten dort Dutzende Menschen, die sich vor einem russischen Vormarsch in Sicherheit bringen wollten. NebenLeyenverurteilten auch US-Präsident Joe Biden und Kanzler Olaf Scholz die Attacke. Biden sagte, es handele sich um eine "weitere schreckliche Gräueltat Russlands". Selenskyj forderte nach dem Treffen mitLeyenerneut mehr härtere Sanktionen gegen Moskau. "Denn anders will Russland niemanden und nichts verstehen." Zuvor hatte er den Westen aufgefordert, noch schneller Waffen zu liefern. Scholz reagierte zurückhaltend auf die Forderung, Panzer aus deutschen Beständen an Kiew abzugeben.
Viele Tote nach Angriff inKramatorsk
Auf dem Bahnhofderostukrainischen Stadt Kramatorsk warteten nach AngabenvonGouverneur Pawlo Kyrylenko Tausende Menschen darauf, mit dem Zug fliehen zu können. Laut dem ukrainischen Eisenbahnchef Olexander Kamischyn schlugen zwei Raketen ein. Es seien 50 Menschen gestorben, darunter fünf Kinder, sagtederGouverneur des Gebiets Donezk, Pawlo Kyrylenko, dem Portal "strana.news" zufolge. BeiderAttacke auf den BahnhofderStadt seien zudem 98 Menschen verletzt worden, davon 16 Kinder. Auf Videos und Fotos waren leblose Menschen neben zurückgelassenen Koffern und Taschen sowie einem Kinderwagen zu sehen.
Die ukrainische Führung hatte Menschen inderOstukraine aufgerufen, sich in Sicherheit zu bringen, weil eine russische Offensive erwartet wird. Russland kündigte an, Angriffe auf die Region zu konzentrieren. Selenskyj machte Russland für die Attacke verantwortlich. Seinen Angaben zufolge handelte es sich bei den Geschossen um Raketen des Typs "Totschka-U". Auch prorussischen Separatisten sprachenvoneiner "Totschka-U", behaupteten aber, ukrainische Truppen hätten sie abgefeuert. Kramatorsk liegt im ukrainisch kontrollierten TeilderRegion Donezk, auf die die Separatisten Anspruch erheben.
EU-Kommissionspräsidentin am Ort des Grauens
VonderLeyenwar mit dem Zug nach Kiew gefahren. In Butscha sah sie sich die ExhumierungvonLeichen eines Massengrabes an. "Es ist die brutale Wirklichkeit, die man hier sieht", sagte sie am Abend im ARD-"Brennpunkt". Ihr imponiere die Mut und die EntschlossenheitderUkraine, die Demokratie zu verteidigen. Am Wochenende hatten vor allem Bildervonteils gefesselten Leichen auf den Straßen des Kiewer Vororts Butscha Entsetzen ausgelöst. Die Ukraine macht russische Truppen für die Gräueltaten an Hunderten Bewohnern verantwortlich. Moskau bestreitet das und sprichtvoneiner "Inszenierung" und Provokation", ohne dafür Beweise vorzulegen.
Als Reaktion auf das Massaker an Zivilisten in Butscha beschlossen die EU-Mitgliedsstaaten am Donnerstag weitere Sanktionen gegen Russland. Darunter sind ein Importverbot für Kohle aus Russland sowie neue Beschränkungen für den Handel und ein weitgehendes Einlaufverbot für russische Schiffe in EU-Häfen. Mittlerweile froren EU-Staaten Vermögenswerte in Höhevonrund 30 Milliarden Eurovonsanktionierten Personen und Einrichtungen aus Russland und Belarus ein.
Kiew will härtere Sanktionen -Borodjanka"schrecklicher" alsButscha
Selenskyj begrüßte die Sanktionen, sagte aber zugleich, sie reichten noch nicht aus, um Russland aufzuhalten und den Krieg zu beenden. "Es braucht mehr Sanktionen. Es braucht härtere Sanktionen", sagte er in seiner täglichen Videobotschaft. Selenskyj sprachvonweiteren Gräueltaten russischer Truppen inderUkraine. InderKleinstadt Borodjanka bei Kiew, wo Aufräumarbeiten liefen, sei es "viel schrecklicher" als in Butscha. Dort gebe es "noch mehr Opfer". Inderschwer umkämpften Hafenstadt Mariupol sei auf "fast jeder Straße" das, was die Welt nach dem Abzugderrussischen Truppen in Butscha gesehen habe.