Follow George Grosz
Veranstaltungsort:
07743 Jena, Markt 7
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Datum der Veranstaltung:
Eintritt:
George Grosz nimmt in der europäischen Kunstgeschichte eine wichtige Position ein. Er gehört zur Generation jener Künstler und Künstlerinnen, die zwei Weltkriege miterlebt haben und die mit ihren Werken das Geschichtsbild des 20. Jahrhunderts maßgeblich prägten. Dem Bild seiner Epoche stellt Grosz ein wagemutiges, geradezu radikal-entlarvendes Werk gegenüber, das mit klarer Formensprache und ungewöhnlicher Schonungslosigkeit seiner Zeit mit künstlerischer Brillanz und einer präzisen sozialpolitischen Zustandsbeschreibung darstellt.
In der Ausstellung zeigen wir 150 Werke aus Grosz‘ wichtigsten Schaffensperioden, schwerpunktmäßig sind das Arbeiten auf Papier aus den Berliner Jahren, aber auch Blätter aus seiner Zeit der Emigration in New York und Huntington. Vor dem Hintergrund der nachhaltigen Wirkkraft seiner Werke präsentiert die Ausstellung zudem ausgewählte Positionen nachfolgender zeitgenössischer Künstlerinnen und Künstler, die eine vergleichbare Hinwendung zu gesellschaftspolitischen Themen anstreben. Dabei bilden die selten gezeigten frühen Arbeiten von Andy Warhol in Zusammenhang mit dem Life-Magazin sicherlich das erstaunlichste Bindeglied. In der Ausstellung werden – neben den Werken von George Grosz – Arbeiten folgender Künstlerinnen und Künstler gezeigt:
Micha Brendel, Birgit Brenner, Werner Büttner, Andrè Butzer, Martha Colburn, Don Doe, Neal Fox, Felix M. Furtwängler, Andy Hope 1930, Dorothy Iannone, Sebastian Jung, Jonathan Meese, Daniel Richter, Julian Röder, Julian Rosefeldt, Erik Schmidt, Dash Snow und Andy Warhol.
Grosz‘ Ikonografie ist von der Verarbeitung des Ersten Weltkriegs geprägt. Thematisch hielt Grosz die Welt und den Menschen im Umbruch fest: Einstürzende Häuser, Soldaten, Generäle, Kriegsversehrte, Kapitalisten, Spießer und Prostituierte, ein Panoptikum der vom Krieg Gezeichneten als auch dessen Folgen: Klassenkampf, Korruption, Vertreter der Obrigkeit und Klerikale werden sein großes Thema. Grosz‘ Werke geben Zeugnis von den Folgen des Krieges und nicht zuletzt von seinem eigenem Leben als Migrant, der vor der Gestapo in die USA floh und jedweden Faschismus an den Pranger stellte. Auch das Hinterfragen des Selbst und der Geschlechter ist ihm ein Anliegen – nicht jenseits der Politik, sondern als dessen Abbild.
Die mit satirischer Schärfe zugespitzten Arbeiten präsentieren Kritik, Utopien, Grotesken und die Sehnsucht nach der neuen Welt. Schon 1916 hatte er seinen Namen von Georg Groß zu George Grosz anglisiert, um seine Antikriegshaltung zu demonstrieren und die patriotische Stimmung im Kaiserreich zu konterkarieren. Mit Hilfe des in Weimar ansässigen Kunstmäzen Harry Graf Kessler war Grosz vom Kriegsdienst befreit worden. Vom Misanthropen reifte er ab dann zum politischen, zeitweise dadaistischen Agitationskünstler, der in der Weimarer Republik, auf dem Höhepunkt seiner Popularität, zum Moralisten wird und warnend den Zeigefinger hebt.
Grosz‘ Werk zeugt von einer gesellschaftspolitischen Relevanz, die bis heute beeindruckt. Eine Eigenschaft, die ihn als ‚artist‘s artist‘ prädestiniert. Die Gegenüberstellung mit zeitgenössischen Positionen wie Brenner, Meese, Rosefeldt und auch Warhol machen deutlich, welche Ikonografie nachfolgende Generationen als Strategie des Entlarvens nutzen. Die Bezeichnung von George Grosz als geistigem Mentor wird dabei von manchen Künstlerinnen und Künstlern bejaht.
Zu wenig bekannt ist Grosz‘ Wirken in der Neuen Welt, als er 1933 mit seiner Familie der Gestapo entkam und nach New York emigrierte, um dort an der Art Students League angehende Größen der aufkommenden Pop Art Generation zu unterrichten. Hervorhebenswert ist die Begegnung mit Andy Warhol, dessen Werk Grosz in einer Jurysitzung gegenüber anderen seine Zustimmung gab. Das war im Jahr 1949, in dem Warhol nach New York übergesiedelt war. In dieser Zeit entwickelte Warhol seinen Stil der Umrisslinie, bezugnehmend auf Berichterstattungen aus der Zeitschrift ‚Life‘: Eine Auswahl dieser Werke wird in der Ausstellung zu sehen sein.
George Grosz erreichte in den USA nicht die Popularität, die er kannte, aber ihm wurden auch dort regelmäßig Ausstellungen gewidmet. Seinem Sujet, den Menschen der Straße und den Medien blieb er zugewandt, veröffentlichte z.B. in der satirischen Zeitschrift ‚Americana‘, der ‚Vanity Fair‘ und der ‚Life‘. Im ‚Esquire‘ publizierte er eine politisch engagierte Serie gegen den spanischen Bürgerkrieg.
Die Ausstellung in der Kunstsammlung Jena folgt der Annahme, dass politisch motivierte Kunst bis in unsere Zeit ein wirkungsvolles und adäquates Mittel der Auseinandersetzung ist. Angesichts der Wirkung von George Grosz liegt die Vermutung nahe, dass die groteske Zuspitzung die Anschaulichkeit deutlich erhöht und den Betrachter engagiert und integriert.
Für den Glauben daran, dass „Kunst als Waffe“ tauglich ist, gibt es bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten – neben George Grosz – auch andere Beispiele. Nach dem Zweiten Weltkrieg war diese Art im Westen wenig populär und im Osten zunächst gefördert und später als Beitrag „für den revolutionären Kampf der Arbeiterklasse“ ideologisch verklammert. Zweifellos hat politische Kunst aber seit den 2000er Jahren mit nur kurzer Vorwarnzeit eine völlig neue Breite und Vielfalt erreicht. Im Hinblick auf die Indienstnahme der Kunst für die Darstellung von politischen Problemen und deren Lösungen sind die Meinungen jedoch unverdrossen gegensätzlich und die Ausstellung wird einige exemplarische Wege aufzeigen.
Öffnungszeiten
Di.-So. 10-17 Uhr
Einlass bis 30 Minuten vor Schließung.
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07743 Jena, Markt 7