Millionensummen für neue Straßenschilder, ein fragwürdiger Grundstücksdeal in Sangerhausen und die Rettung einer Landesbank: Der Bund derSteuerzahlerhat mehrere Fälle von Steuergeldverschwendung in Sachsen-Anhalt moniert. Die Beispiele finden sich im aktuellen «Schwarzbuch» des Vereins, das am Dienstag veröffentlicht wurde. Bundesweit finden sich 100 Fälle darin. Was die der Bund in Sachsen-Anhalt kritisiert:
GELBWIRDBLAU:Seit Januar hat Sachsen-Anhalt eine neue Autobahn, doch für die Autofahrer ändert sich eigentlich nichts: Die Bundesstraße 6 am Harz wurde auf Wunsch der sachsen-anhaltischen Landesregierung in die A36 umgewidmet. Sie war allerdings schon vorher autobahnähnlich ausgebaut worden und hatte kein Tempolimit. Die Umwidmung soll die Region aus Landessicht attraktiver machen, weil eine Autobahn - etwa für Wirtschaftsansiedlungen - besser klingt.
Der Steuerzahlerbund bestreitet derlei positive Effekte und spricht von «irrwitziger Geldverschwendung». Die alte Straße mit neuem Namen braucht jetzt blaue Autobahn- statt gelbe Bundesstraßenschilder. Entlang von 100 Kilometern sollen die Schilder bis Ende 2020 an 750 Punkten ausgetauscht werden. Kosten: Knapp 3 Millionen Euro auf sachsen-anhaltischer Seite. Und auch in Niedersachsen wird es teuer: Dort heißt die bisherige A395 jetzt auch A36 - der Nummerntausch kostet laut «Schwarzbuch» rund eine Million Euro.
NORDLB-RETTUNG:Der Steuerzahlerbund ist gegen eine Rettung der Landesbank. «Kein Geld und keine neuen Kredite für die NordLB.» Die Pläne drohten zu einer teuren Angelegenheit zu werden. Mit der Bankenrettung seien Risiken verbunden, die keinSteuerzahlereingehen wolle. Die Unterstützung oder Abwicklung anderer Landesbanken koste bereits 30 Milliarden Euro.
Die NordLB braucht bis Jahresende 3,6 Milliarden Euro. Grund dafür sind Verluste bei der Schiffsfinanzierung sowie höhere Auflagen der Bankenaufsicht. Das Geld soll von Haupteigentümer Niedersachsen und den Sparkassen kommen. Miteigentümer Sachsen-Anhalt will seinen Anteil von 198 Millionen Euro mit einem neuen Kredit finanzieren. An der NordLB hängt die landeseigene Investitionsbank, die auf jeden Fall erhalten werden soll. Zudem sichern die Landesbanken den Sparkassen Privilegien, die mit der Rettung ebenfalls gesichert werden sollen. Nicht nur der Steuerzahlerbund spricht von großen Risiken und einem unsicheren Ausgang der geplanten Rettung.
Die Bankenaufsicht und die Wettbewerbshüter der EU-Kommission müssen noch entscheiden, ob die Hilfe ausreicht und zulässig ist. Das wird zeitnah erwartet. Im Anschluss entscheiden die Landtage in Hannover und Magdeburg über die Rettungspläne.
MIFA-GRUNDSTÜCK:Der traditionsreiche Fahrradbauer Mifa geriet vor einigen Jahren gleich doppelt ins Trudeln: Binnen zweieinhalb Jahren musste der Betrieb in Sangerhausen zwei Mal Insolvenz anmelden. Inzwischen produziert der Betrieb mit deutlich geschrumpfter Belegschaft unter dem Namen Sachsen-Bike in einer Halle in der Innenstadt. Doch wem gehört das Grundstück?
Als die Mifa 2014 erstmals Schwierigkeiten bekam, entschied sich der Landkreis Mansfeld-Südharz, das Betriebsgrundstück für 5,7 Millionen Euro zu kaufen und an die Firma zurückzuvermieten. So sollten Betrieb und Jobs erhalten bleiben. Doch Mifa ging trotzdem das Geld aus. Insolvenzverwalter Lucas Flöther rettete Mifa zwei Mal - klagte aber auch erfolgreich ein, dass der Deal mit dem Landkreis rückabgewickelt wird. Es sei zu dem Zeitpunkt bereits klar gewesen, dass Mifa faktisch zahlungsunfähig war - und das Grundstück hätte nicht verkauft werden dürfen. Das Oberlandesgericht in Naumburg gab Flöther Recht und entschied, dass der Kreis auch fast 300 000 Euro an Mieteinnahmen zurückzahlen muss.
«Leichtfertig wurde mit dem Vermögen und dem Geld derSteuerzahlerumgegangen», so der Steuerzahlerbund. Bei allen verständlichen Motiven, Jobs zu sichern, sei blauäugig gehandelt worden.
LANDESSPORTBUND:Der Sportbund des Landes soll gegen Vergabeauflagen verstoßen haben. Das ging aus Anfragen von Landtagsabgeordneten und des Bundes der Steuerzahler hervor. Dabei handelt es sich um Aufträge zur Strom- und Gasversorgung, die nicht entsprechend ausgeschrieben wurden. Ingesamt wurden die Verträge für die Zeit zwischen 2018 und 2020 unterschriebenund sind etwa 750.000 Euro netto wert. Hier handelt es sich um eine Wettbewerbsverzerrung, die auch dem Landesverwaltungsamt nicht auffiel.
Bereits 2008 wurde aufgedeckt, dass der LSB in der Buchführung geschludert hatte. Der Sportbund erhält jährlich eine Förderung von 20 Millionen Euro vom Land. Das Ministerium für Inneres und Sport hat sich dem Thema angenommen und den LSB und das Verwaltungsamt in die Verantwortung gezogen. Künftig soll die Auftragsvergabe eingehender geprüft werden. Allerdings stehen noch 75.000 Euro Strafzahlung des LSB an das Land im Raum. Der Bund der Steuerzahler bezweifelt aber, dass das Steuergeld zurück in die Kasse Sachsen-Anhalts fließt.