Wenige Tage vor dem ersten Jahrestag des rechtsextremen und antisemitischen Terroranschlags von Halle steht Sachsen-Anhalts Innenminister HolgerStahlknechtwegen Aussagen zum Polizeischutz für jüdische Einrichtungen einmal mehr in der Kritik. Nach dem Zentralrat der Juden forderten am Dienstag auch mehrere Politiker der Opposition seinen Rücktritt. Kritik kommt zudem aus den Reihen der Koalitionspartner SPD und Grüne.Stahlknechtsprach mit Blick auf die Vorwürfe von einem «offensichtlichen Missverständnis» und erhielt Rückendeckung vom CDU-Generalsekretär Sven Schulze.
Umstrittene Äußerung
Stahlknechtwar nach einem Bericht der «Mitteldeutschen Zeitung» vom Wochenende unter Beschuss geraten, in dem er bei einem Besuch in einem Polizeirevier damit zitiert wird, dass die Einsatzstunden zum Schutz jüdischer Einrichtungen an anderer Stelle fehlten.
Der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, warfStahlknechtdaraufhin vor, dem Antisemitismus mit solchen Aussagen Vorschub zu leisten. Dieser stelle Juden als privilegiert dar und spiele sie gegen andere Bevölkerungsgruppen aus, sagte Schuster dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Es stelle sich die Frage, ob der CDU-Politiker weiter für das Amt des Innenministers geeignet sei.
Stahlknecht reagiert auf Kritik
Er sei zutiefst betroffen und erschüttert, dass seine Aussagen offensichtlich für ein Missverständnis gesorgt hätten, sagteStahlknechtam späten Montagabend auf die Vorwürfe des Zentralrats. «Mein Ziel war und ist es, deutlich zu machen, dass die erhöhte Polizeipräsenz zum Schutz der jüdischen Einrichtungen für mich nicht verhandelbar ist und oberste Priorität in meinem Handeln hat», ließ der 55-Jährige über sein Ministerium mitteilen.
Seine Partei stärkte dem Innenminister und CDU-Landeschef den Rücken. «Die aktuell geführte Debatte zeigt, wie schnell man bei diesem sensiblen Thema missverstanden werden kann», twitterte CDU-Generalsekretär Sven Schulze. Die CDU im Magdeburger Landtag sei sich sicher, dassStahlknechtmissverstanden worden sei, ergänzte der innenpolitische Sprecher der Unions-Fraktion, Chris Schulenburg.
Jahrestag vom Attentat
Am 9. Oktober 2019, dem höchsten jüdischen Feiertag Jom Kippur, war ein schwer bewaffneter Angreifer wegen einer gut gesicherten Tür mit seinem Versuch gescheitert, die mit mehr als 50 Gläubigen besetzte Synagoge in Halle zu stürmen. Er hatte kurz darauf zwei Menschen in der Nähe des Gotteshauses erschossen und viele weitere verletzt, ehe er von der Polizei gefasst wurde. Erst nach dem Attentat hatte der Innenminister ununterbrochenen Polizeischutz für jüdische Einrichtungen im Land angeordnet.Stahlknechthatte den Polizeieinsatz beim Terroranschlag gelobt - und sich auch damals schon Kritik vom Zentralrats-Präsidenten Schuster eingehandelt.