Siegerentwürfe für Kunstprojekt

Torgau freut sich auf die Landesgartenschau

Eine riesige bewegliche Pflanze, die aus der verfallenen Fassade der Nikolaikirche herauswächst – die Torgauer werden sich im Sommer wohl die Augen reiben bei dem Anblick.

Wir können heute schon sagen: Es ist Kunst, ein Vorbote für die Landesgartenschau:An vier zentralen Standorten in Torgau reflektieren die Kunstinstallationen ab Juni 2021 die gegenseitige Beeinflussung von Natur, Mensch und Geschichte.

Insgesamt vier solcher Hingucker wird es geben, welche genau, hat eine Jury diese Woche entschieden:

Der Entwurf „Laubhauer“ des Künstlers Marcus Jansen zeigt eine überdimensionierte bewegliche Pflanzenskulptur, die quasi aus der überformten und verfallenen Fassade der Nikolaikirche herauswächst. Laubhauer waren im 15. Jahrhundert auf Pflanzenskulpturen spezialisierte Steinmetze. Für die Skulptur wird der Löwenzahn als eine aus dem Alltag bekannte und symbolbehaftete Pflanze gewählt. Die Applikation auf die verwitterte Kirchenwand steht im Spannungsfeld zwischen alter Bausubstanz, botanischer Forschung und moderner Formgebung.

Ein übergroßer aus dem Boden ragender Spaten aus Edelstahl verkörpert den vom Künstler Philipp Fritzsche konzipierten „Einschnitt“. Als Anspielung auf ritualisierte Spatenstich-Feierlichkeiten entsteht die „Baustelle“ im Kopf des Betrachters. Vorgesehen ist die Umsetzung in Bahnhofs- und Glacisnähe. Die Skulptur verweist darauf, dass jeder Spatenstich ein Einschnitt in die Natur ist und dass die Nutzbarmachung dieser den Anfang unserer Zivilisation bedeutet – eine Ermächtigung, die uns immer mehr Sorgen bereitet und auch ein Umdenken verlangt.

Die Künstlerin Pia von Reis entwickelt eine „Weidenstele“, die mit traditionellen Flechttechniken aus lebenden und weiter wachsenden Weidenteilen gefertigt wird. Verschiedene Weidenarten fanden bereits im Kräuterbuch des Johann Kentmann Beachtung und spielten durch das aus ihr gewonnene Schmerzmitttel Salicylsäure in der Medizingeschichte eine wichtige Rolle. Das lebendige Material verkörpert Stabilität und Veränderung gleichermaßen. Die Skulptur vereint in sich handwerkliche und medizinhistorische Tradition. Präsentiert werden soll die Stele voraussichtlich im Bereich zwischen Stadtkirche und Apothekergarten.

Auf der anderen Seite der Torgauer Stadtkirche zeigt der Künstler Reinhard Krehl eine Holz-Installation mit akustischen Elementen. Der Entwurf „Pyramus ruft Thisbe“ bezieht sich auf ein Liebespaar der griechischen Mythologie, das nicht zueinander finden kann, später adaptiert als Romeo und Julia. Pyramus und Thisbe konnten nur durch einen Spalt in der Hauswand miteinander kommunizieren. Der entstehende Holzblock symbolisiert Pyramus. Aus seiner Öffnung erklingt Musik: Der Ruf nach Thisbe. Pyramus ist jedoch kein lebendiger Baum mehr, sondern vom Menschen zersägtes Naturmaterial. Der Betrachter gerät in die Rolle der Thisbe: Wir lauschen den Klängen der Natur und wollen uns mit ihr verbinden, doch es gelingt nicht mehr. Krehl thematisiert den Konflikt zwischen Natur, Technik und Zivilisation, der immer aktueller und beklemmender wird. Das Musikstück wird eigens für diese Installation von Martin Wistinghausen komponiert und in Kooperation mit der Torgauer Johann-Walter-Kantorei aufgenommen.

Unterstützt wird das von der Stadt Torgau getragene und in Kooperation mit dem Bund Bildender Künstler Leipzig durchgeführte Projekt vom Kulturraum Leipziger Raum, von der Kulturstiftung Sachsen, den Stadtwerken Torgau sowie der Sparkassenstiftung für die Region Torgau-Oschatz.

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