Autofahrer, die geblitzt und nach den schärferen Regeln des neuen Bußgeldkatalogs abgemahnt wordensind, müssen hierzulande zunächst nicht ihren Führerschein abgeben. Das hat das Innenministerium Sachsen-Anhalts entschieden, wie ein Sprecher der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mitteilte. Grund dafür ist der Streit um den neuen schärferenBußgeldkatalog.
Sachsen-Anhalt hatte bereits Ende voriger Woche angekündigt, vorerst zu den alten Regeln zurückzukehren. Damit setzt es eine Empfehlung des Bundesverkehrsministeriums um. Unklar war bisher, was mit jenen Autofahrern passiert, die seit dem 27. April nach dem verschärftenBußgeldkataloggeblitzt wurden.
Der neueBußgeldkatalogsorgt seit seinem Inkrafttreten Ende April für Streit und Diskussionen. Er soll unter anderem Radfahrer besser schützen und sieht härtere Strafen für Temposünder vor. So droht jedem ein Monat Führerscheinentzug, der innerorts mindestens 21 Kilometer pro Stunde zu schnell unterwegs war. Außerorts liegt die Grenze bei 26 Stundenkilometern. Im altenBußgeldkatalogwar der Führerschein erst bei Tempoüberschreitungen von 31 beziehungsweise 41 Kilometern pro Stunde weg.
Das Bundesverkehrsministerium hatte jüngst argumentiert, dass der neue Katalog wahrscheinlich nichtig sei - wegen eines «fehlenden Verweises auf die notwendige Rechtsgrundlage». Daraufhin bat der Bund die Länder, die schärferen Regeln zunächst auszusetzen und zur alten Regel zurückzukehren. Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) will zeitnah Klarheit schaffen, wie Temposünder künftig bestraft werden. Zudem werde nach einer bundesweit einheitlichen Lösung für jene Fälle gesucht, in denen Bescheide nach dem schärferenBußgeldkatalogausgestellt wurden.
Aus dem Innenministerium in Sachsen-Anhalt heißt es jetzt, dass selbst Verfahren, die bereits rechtskräftig sind, zunächst nicht vollstreckt werden sollen. «Somit wird vorläufig niemand gezwungen, seinen Führerschein abzugeben», sagte der Ministeriumssprecher. Allerdings sei noch offen, wie letztlich mit den fälligen Bußgeldern und möglichen Fahrverboten umzugehen sei.
In Fällen, in denen noch die Einspruchspflicht laufe, sollen möglichst viele Bußgeldbescheide zurückgenommen werden. Wer könne, solle noch Einspruch einlegen. Autofahrer, auf die das zutrifft, bekommen dann einen neuen Bescheid nach den Regeln des alten Bußgeldkatalogs. In wie vielen Fällen das gelinge, bevor die Bescheide rechtskräftig werden, blieb offen.