Koalition

Scholz: "Die Ampel steht!"

Koalitionsvertrag ist fertig

Deutschland steht an einer historischen politischen Wegmarke: Zwei Monate nach der Bundestagswahl haben SPD, Grüne und FDP ihre Koalitionsverhandlungen abgeschlossen und damit den Grundstein für die erste Ampel-Bundesregierung gelegt. «Die Ampel steht», sagte SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz am Mittwoch in Berlin. «SPD, Grüne und FDP haben sich in den Verhandlungen auf einen gemeinsamen Koalitionsvertrag verständigt und damit auf ein neues Regierungsbündnis.» Es gehe nicht um eine Politik des kleinsten gemeinsamen Nenners, «sondern um eine Politik der großen Wirkung», sagte Scholz. «Wir wollen mehr Fortschritt wagen.»

Koalitionsvertrag ein «Dokument des Mutes und der Zuversicht»

Der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck bezeichnete den Koalitionsvertrag als ein «Dokument des Mutes und der Zuversicht». FDP-Chef Christian Lindner betonte:«Was jetzt gebildet wird, ist eine Regierung der Mitte, die das Land nach vorn führt.» Er sagte voraus, dass Scholz ein «starker Bundeskanzler» wird.

Mietpreisbremse soll verlängert und verschärft werden

Im Koalitionsvertrag wurde unter anderem Folgendes festgeschrieben: Um Wohnen bezahlbar zu machen, soll die Mietpreisbremse verlängert und verschärft werden. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt soll die Miete binnen drei Jahren nur noch bis zu 11 Prozent steigen dürfen statt wie bisher bis zu 15 Prozent. Stromkunden sollen entlastet werden, in dem zum 1. Januar 2023 die Finanzierung der milliardenschweren EEG-Umlage zur Förderung des Ökostroms über den Strompreis abgeschafft wird. Zum Schutz der Bundeswehr-Soldaten bei Auslandseinsätzen soll eine Bewaffnung von Drohnen ermöglicht werden.

Mindestlohn wird auf 12 Euro pro Stunde erhöht

Den gesetzlichen Mindestlohn wollen SPD, Grüne und FDP auf 12 Euro pro Stunde erhöhen. Sie verständigten sich zudem auf die Bildung eines neuen Bundesministeriums für Bauen. Vorgesehen ist auch eine Erweiterung des Wirtschaftsministeriums um das Thema Klimaschutz. Bis 2030 soll Deutschland 80 Prozent seines Stroms aus erneuerbaren Energien beziehen. Die Ampel-Parteien wollen den öffentlichen Nahverkehr stärken und dazu vom kommenden Jahr an die sogenannten milliardenschweren Regionalisierungsmittel erhöhen.

SPD, Grüne und FDP vereinbarten ferner, dass im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse ab 2023 wieder eingehalten werden soll. Im kommenden Jahr müssten aber wegen der andauernden Pandemiefolgen noch einmal neue Kredite aufgenommen werden. Kommunen mit hohen Altschulden sollen entlastet werden.

Das weiß man schon sicher:

- Bundeskanzler: Der bisherige Finanzminister und Vizekanzler Olaf Scholz wird befördert. In der Woche ab dem 6. Dezember soll er im Bundestag zum Kanzler gewählt werden.

Auch die künftigen FDP-Ministersind vom Parteivorstand nominiert worden und sitzen damit schon fest im Sattel:

- Finanzen:Parteichef Christian Lindner übernimmt diese zentrale Position im Kabinett, an der auch Grünen-Chef Robert Habeck Interesse hatte. Lindner hat sich durchgesetzt. Vizekanzler wird er aber nicht. Diesen Posten sieht das Grundgesetz nur einmal vor. Da die Grünen als zweitstärkste Koalitionskraft aus der Bundestagswahl hervorgegangen sind, bekommen sie ihn.

- Verkehr und Digitales:Das Verkehrsministerium hatten viele eher bei den Grünen gesehen. Nun soll es FDP-Generalsekretär Volker Wissing leiten. Für viele Grüne ist das schwer verkraftbar, nachdem schon in den Sondierungen das Tempolimit auf Autobahnen an der FDP gescheitert war.

- Justiz:Dieses Ressort übernimmt der Erste Parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, Marco Buschmann.

- Bildung und Forschung: Dafür ist die Parlamentarische Geschäftsführerin Bettina Stark-Watzinger vorgesehen.

Das weiß man schon ziemlich sicher:

- Kanzleramtschef: Dieser Posten wird in einer Ampelkoalition noch wichtiger sein als bisher. Denn der Kanzleramtschef koordiniert die Regierungsarbeit und das dürfte bei drei Partner komplizierter werden. Es gilt als sicher, dass Scholz' langjähriger Weggefährte und enger Vertraute Wolfgang Schmidt (SPD) diese zentrale Aufgabe übernimmt. Zuletzt war der Jurist Finanz-Staatssekretär, agierte hinter den Kulissen aber vor allem als «Spin Doctor» und Strippenzieher.

- Arbeit und Soziales: Da sitzt Hubertus Heil fest im Sattel. Er galt bereits in der vergangenen Wahlperiode als durchsetzungsstark und fleißig - und zwar bei Themen wie Rente, Arbeitsmarkt und Hartz IV, die für seine SPD besonders wichtig sind.

- Wirtschaft und Klimaschutz:Grünen-Chef Habeck gilt als gesetzt für die Betreuung des zentralen Themas der Grünen: Klimaschutz. Er kann dabei auf Erfahrungen unter anderem aus sechs Jahren als schleswig-holsteinischer Minister für Energiewende, Umwelt, Landwirtschaft und Digitalisierung zurückgreifen. Habeck wird nach dem enttäuschenden Wahlergebnis der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock mit ziemlicher Sicherheit auch Vizekanzler.

Annalena Baerbock, Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen, Robert Habeck, Bundesvorsitzender von Bündnis 90/Die Grünen, Olaf Scholz, SPD-Kanzlerkandidat und geschäftsführender Bundesfinanzminister und Christian Lindner, Parteivorsitzender der FDP
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