Beide deutsch-russischen Gasleitungen durch die Ostsee haben zum Wochenstart mit Druckproblemen zu kämpfen. Nach Nord Stream 2 in der Nacht auf Montag meldete auch ihre ältere Schwester-Pipeline Nord Stream 1 am späten Montagabend einen Druckabfall.Südöstlich der Insel Bornholm sei ein Gasleck beobachtet worden, hieß es in einem Hinweis der zuständigen dänischen Behörde. Das Leck sei gefährlich für die Schifffahrt und das Fahren innerhalb eines Bereichs von fünf Seemeilen von der besagten Position verboten.
Trotz des zweiten Vorfalls innerhalb kurzer Zeit sahen BMWK und Netzagentur am Abend keine Auswirkungen auf die Versorgungssicherheit in Deutschland: "Es fließt seit dem russischen Stopp der Lieferungen Anfang September kein Gas mehr durch Nord Stream 1. Die Speicherstände steigen dennoch weiter kontinuierlich an. Sie liegen aktuell bei rund 91 Prozent."
Auch EUhält Pipeline-Sabotage für wahrscheinlich und droht mit Sanktionen
Die Europäische Union hält Sabotage als Ursache für die Lecks an den Gas-Pipelines Nord Stream 1 und 2 für wahrscheinlich und hat mit Gegenmaßnahmen gedroht. "Alle verfügbaren Informationen deuten darauf hin, dass diese Lecks das Ergebnis einer vorsätzlichen Handlung sind", erklärte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Mittwoch im Namen der 27 Mitgliedstaaten. Jede vorsätzliche Störung der europäischen Energieinfrastruktur sei völlig inakzeptabel werde "mit einer robusten und gemeinsamen Reaktion beantwortet werden".
Insgesamt drei Lecks waren - nach einem ersten Druckabfall in der Nacht zum Montag - sowohl in einer der Röhren von Nord Stream 2 wie auch in beiden Röhren der Nord-Stream-1-Pipeline entdeckt worden. Bereits am Dienstag war in Polen, Schweden, Dänemark und Russland ein Anschlag auf die europäische Gasinfrastruktur als Ursache für die als beispiellos geltenden Schäden an beiden Pipelines als für denkbar gehalten worden. Auch aus Sicht deutscher Sicherheitskreise sprach vieles für Sabotage. Sollte es sich um einen Anschlag handeln, würde angesichts des Aufwands nur ein staatlicher Akteur infrage kommen, hieß es.
Borrell nannte in der Erklärung keinen Verdacht, wer hinter einem möglichen Sabotageakt stecken könnte. Der Spanier sagte jedoch, dass man über die Schäden an den Pipelines sehr besorgt sei. "Diese Vorfälle sind kein Zufall und gehen uns alle an." Man werde jede Untersuchung unterstützen, die darauf abziele, Klarheit über die Vorgänge zu erlangen. Zudem werde man Schritte unternehmen, um die Energiesicherheit robuster zu machen.
Zuvor hatte bereits EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen auf Twitter geschrieben, dass sie Sabotage für möglich halte. Auch EU-Ratschef Charles Michel sprach von einem Sabotageakt.
Möglicherweise ein gezielter Anschlag
Nach einem Bericht des "Tagesspiegels" wurden die Pipelines möglicherweise durch gezielte Anschläge beschädigt. "Unsere Fantasie gibt kein Szenario mehr her, in dem das kein gezielter Anschlag ist", zitiert der "Tagesspiegel" voneiner in die Bewertung durch die Bundesregierung und die Bundesbehörden eingeweihte Person. Weiter behauptet die Quelle: "Alles spricht gegen einen Zufall."
Für diesen Anschlag mutmaßtder Bericht außerdem zwei mögliche Szenarien: Zum Einen könnten mit der Ukraine verbundene Kräfte darauf abgezielt haben, dass das Gas aus Russland nur noch über die ukrainische Pipeline oder die durch Polen verlaufende Pipeline nach Zentraleuropa fließt. Zum Anderen könnte eine "False Flag"-Operation von Russland, die die Ukraine beschuldigen, den Anschlag ausgeübt haben. Russland könnte dadurch die Verschärfung der Energiekrise und die weitere Erhöhung der Gaspreise bezwecken.
Umwelt
Auch Umweltgefahren wegen des Lecks bei Bornholm drohen aus Sicht der Deutschen Umwelthilfe (DUH) zumindest kurzfristig nicht.Selbst im Falle einer Explosion unter Wasser gäbe es nur lokale Effekte, so ein Sprecher.
Im schlimmsten Fall könnte eine große Menge an Gas austreten, vor allem falls auch der Druckabfall in der Nord Stream 1-Leitung auf einen Schaden an der Leitung selbst zurückzuführen ist.