Der Mitteldeutsche Rundfunkhat erstmals einen "Polizeiruf 110" in Gebärdensprache übersetzt. Dafür hat der Sender den neuen "Polizeiruf" aus Halle ausgewählt, der zum 50-jährigen Bestehen der Krimireihe produziert wurde.
Zwei Dolmetscherinnen übertragen den ersten Fall der Kommissare Michael Lehmann (Peter Schneider) und Henry Koitzsch (Peter Kurth) für hörgeschädigte und gehörlose Zuschauer. "An der Saale hellem Strande" wird am 30. Mai im Ersten gezeigt.
"Es geht uns darum, barrierefreie Programmzugänge zu schaffen", sagte Georg Schmolz. Eine Befragung von Gehörlosen habe ergeben, dass der Wunsch nach einem fiktionalen Format in Gebärdensprache ganz oben stehe. Ein Krimi, der mit Rückblenden, Parallelsträngen und Perspektivwechseln arbeite, sei eine neue Herausforderung. "Es gibt für fiktionale Formate keine Blaupause, wie man die übersetzt", sagte Schmolz.
Die beiden Dolmetscherinnen Antje Seifert und Katja Fischer haben einen Tag lang im Studio in Leipzig die Gebärdenfassung produziert. Dazu kam eine wochenlange Vorbereitung. Für gehörlose Menschen sei die Gebärdensprache die Muttersprache, sagte Fischer, die selbst gehörlos ist. Darum kämen auch nicht alle mit Untertiteln klar. Kinder, die noch nicht lesen können, hätten gar nichts davon. Aber auch ältere Menschen bekämen Probleme beim Lesen der schnell wechselnden Untertitel. Über Gebärden könne zudem mehr transportiert werden. "Man ist mehr im Film", sagte Fischer.
Gebärdensprache hat es zur Krimi-Primetime im deutschen Fernsehen schon gegeben. Der saarländische Tatort "Totenstille" spielte 2016 in der Welt der Gehörlosen. Für den MDR ist es ein Pilotprojekt. "Wir wollen Standards entwickeln", sagte Schmolz. Ob dem Test aus Halle weitere Polizeirufe mit Gebärdenfassung folgen werden, sei aber noch offen.