Niedersachsen wehrt sich gegen die Millionen-Entschädigung für einen im Göttinger Transplantationsskandal freigesprochenen Arzt. Das Berufungsverfahren beginnt am 22. April am Oberlandesgericht Braunschweig. Das Landgericht hatte im September 2019 entschieden, dass Niedersachsen dem Mediziner rund 1,1 Millionen Euro zahlen muss.
Der Chirurg war 2015 in einem bundesweit aufsehenerregenden Prozess vom Landgericht Göttingen vom Vorwurf des elffachen versuchten Totschlags und der dreifachen Körperverletzung mit Todesfolge freigesprochen worden. Danach forderte er Schadenersatz, weil er wegen der knapp einjährigen Untersuchungshaft eine Stelle in Jordanien mit einem Gehalt von 50000 Dollar pro Monat verpasste.
Nach dem Freispruch kam die Braunschweiger Zivilkammer im Wesentlichen den Forderungen des damals 51-Jährigen nach, der etwas mehr als 1,2 Millionen Euro einklagen wollte. Im Januar 2013 war er kurz vor der Abreise in die jordanische Hauptstadt Amman festgenommen und dann im Transplantationsskandal angeklagt worden.
Das Auffliegen des Organspendeskandals in Göttingen hatte 2012 weitreichende Folgen. An mehreren deutschen Kliniken wurden Manipulationen aufgedeckt, wodurch das Vertrauen in die Transplantationsmedizin nachhaltig erschüttert wurde. Danach verwies die Deutsche Transplantationsgesellschaft mehrmals darauf, dass Manipulationen wie in Göttingen inzwischen klar unter Strafe stehen. Nach dem Skandal seien Regeln verschärft worden.