In Österreich herrscht große Aufregung. Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKSTA) ließ gestern das Kanzleramt, das Finanzministerium und die ÖVP-Zentrale durchsuchen. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Österreichs Kanzler Sebastian Kurz (35) und einige seiner engen Vertrauten wegen des Verdachts der Untreue, der Bestechung und der Bestechlichkeit. Das Team um den Regierungschef soll sich seit 2016 mit Steuermitteln eine positive Berichterstattung in einemBoulevard-Medium (Tageszeitung „Österreich“)erkauft haben, um so den Weg von Kurz an die Parteispitze und ins Kanzleramt zu ebnen. Eine wichtige Rolle bei der Beschaffung der Gelder soll ein Kurz-Vertrauter im Finanzministerium gespielt haben.Die Mediengruppe Österreich bestreitet die Vorwürfe. Es habe zu keinem Zeitpunkt eine Vereinbarung zwischen ihr und dem Finanzministerium über eine Bezahlung von Umfragen durch Inserate gegeben, teilte das Unternehmen mit.
Kurz versucht, die Korruptionsvorwürfe der Staatsanwaltschaft zu entkräften. Es gebe überhaupt kein Indiz dafür, dass er persönlich zum Beispiel in die Beauftragung für ihn günstiger Meinungsumfragen oder in das Schalten von Inseraten verwickelt sei, sagte Kurz z. B. gestern Abend in der ORF-Nachrichtensendung «ZiB2». «All diese Vorwürfe, die es da gibt, richten sich gegen Mitarbeiter des Finanzministeriums», betonte Kurz. Dass Umfragen zu seinen Gunsten manipuliert worden seien, sei schon deshalb abwegig, weil Dutzende Umfragen im fraglichen Zeitraum 2016 ganz ähnliche Werte für Parteien und Politiker ergeben hätten. Einen Rücktritt schloss Kurz aus.
Die stellvertretende ÖVP-Generalsekretärin Gabriela Schwarz sprach in einer Mitteilung von falschen Anschuldigungen. "Das passiert immer mit demselben Ziel und System: Die Volkspartei und Sebastian Kurz massiv zu beschädigen", sagte sie. Es gehe den Ermittlern offenbar um einen "Showeffekt". ÖVP-Fraktionschef August Wöginger kündigte Widerstand an. "Wir werden hier mit aller Kraft dagegen halten, sowohl auf der politischen als auch auf der juristischen Ebene."