Sachsen-Anhalt zahlt weiterhin Hunderte Corona-Soforthilfen pro Tag aus und sieht derzeit anders als andere Bundesländer keine Anzeichen für Betrugsversuche. In den ersten zehn Tagen seit dem Start des Programms wurden 2700 Zuschüsse an betroffene Unternehmen ausgezahlt, wie das Wirtschaftsministerium am Donnerstag mitteilte. Das entspricht etwa acht Prozent aller derzeit vorliegenden 34 000 Anträge. Mehr als 25 Millionen Euro seien ausgezahlt worden, im Schnitt 9300 Euro je Unternehmung.
Die Bearbeitungsgeschwindigkeit soll in den nächsten Tagen weiter erhöht werden. Derzeit können laut Wirtschaftsminister Armin Willingmann (SPD) etwa 800 Anträge pro Tag bewilligt werden.
Die Hilfen werden derzeit bundesweit an Solo-Selbstständige, Freiberufler und kleinere Betriebe ausgezahlt. Nordrhein-Westfalen stoppte die Auszahlung in Absprache mit dem Landeskriminalamt jedoch am Donnerstag wegen vermuteter Betrügereien.
Wer in NRW nach den Antragsformularen im Internet sucht, wird mitunter auf gefälschte Internetseiten von Betrügern weitergeleitet. Auf diesen Fake-Seiten sollen die Täter echte Angaben von Unternehmen abgefischt haben, um selbst betrügerische Anträge auf die Soforthilfen zu stellen. Auch das Berliner Landeskriminalamt (LKA) ermittelt in mehreren Fällen wegen Betrugs bei den Soforthilfen. In Thüringen gibt es laut Wirtschaftsministerium zumindest Anzeichen, dass Anträge mehrfach gestellt wurden.
«Uns sind bislang keine Betrugsversuche bekannt», sagte der Sprecher des Wirtschaftsministeriums in Magdeburg, Matthias Stoffregen, am Donnerstag. Das könnte auch daran liegen, dass Sachsen-Anhalt keine reinen Online-Verfahren anbiete und die Betrugsmasche aus NRW daher weniger attraktiv sei. Wer in Sachsen-Anhalt die Zuschüsse bekommen wolle, müsse einen Antrag herunterladen, ausfüllen und an eine Mailadresse der landeseigenen Investitionsbank zurückschicken.
Die Anträge würden von den Bank-Mitarbeitern auf Plausibilität geprüft, sagte Stoffregen. Bei fehlerhaften oder unvollständigen Angaben werde der betreffende Unternehmer kontaktiert. Das sei bei vier von zehn Anträgen der Fall. Mehr als 700 Anträge mussten wegen falscher oder fehlender Angaben zurückgesendet werden. Sieben Fälle endeten mit einer Ablehnung, weil sie nicht zum Programm passten.
Solo-Selbstständige, Freiberufler, Land- und Forstwirte sowie Betriebe mit bis zu 50 Beschäftigten können seit 30. März kurzfristige Zuschüsse von bis zu 25 000 Euro beantragen, wenn sie ihre laufenden Kosten wegen wegbrechender Einnahmen nicht mehr decken können. Zudem können Unternehmen bis 50 Beschäftigte seit einigen Tagen kurzfristig Kredite von bis zu 150 000 Euro beantragen, die von der Investitionsbank ohne Beteiligung der Hausbanken vergeben werden. Für die Darlehen müssen zwei Jahre lang weder Zinsen noch Raten gezahlt werden. Bisher nahmen das knapp 80 Betriebe in Anspruch.
Unterdessen fordern mehrere Landespolitiker Nachbesserungen. FDP-Chef Frank Sitta erklärte, die schwarz-rot-grüne Landesregierung müsse mehr tun. Grund für die Einnahmeausfälle vieler Gewerbetreibender seien keine eigenen Fehler, sondern verordnete Maßnahmen des Staates. «Wir brauchen schnell wirksame Therapien, sonst wird die Wirtschaft Sachsen-Anhalts auch noch zum Beatmungspatienten.» Sitta forderte Liquiditätshilfen für größere Betriebe und frühzeitige Maßnahmen, um die Konjunktur zu stützen. Denkbar seien etwa Steuererleichterungen, um die Nachfrage nach der Lockerung der Beschränkungen anzukurbeln.
Der AfD-Landtagsabgeordnete Alexander Raue forderte, dass auch innovative Start-ups die Corona-Soforthilfen beantragen können sollten. Zuvor hatte es bereits Kritik gegeben, dass die meisten staatlichen Hilfen auch für viele Solo-Selbstständige kaum geeignet seien, die kaum laufende Kosten aber große Einnahmeausfälle hätten. Für diese Fälle verweist Wirtschaftsminister Willingmann darauf, die Grundsicherung in Anspruch zu nehmen. Der Zugang dazu wurde zuletzt bundesweit gesenkt.