Neue Ermittlungsgruppe in Braunschweig

Kleinste Blutspritzer oder Hautpartikel: Mit moderner Kriminaltechnik und neuen Ermittlungsmethoden macht es immer wieder Sinn, bisher ungeklärte Mordfälle zu überprüfen. «Wir wollen mit etwas Abstand schauen, ob es mit der heutigen Technik etwas zu analysieren gibt, von dem wir uns neue Ergebnisse erhoffen», sagte Melanie Wilharm. Sie ist die Leiterin einer neuen Braunschweiger Ermittlungsgruppe, die am Freitag vorgestellt wurde. Das sechsköpfige Team soll 42 sogenannter «Cold Cases» aus der Region aufrollen.

In Niedersachsen sind nach aktuellsten Zahlen des Landeskriminalamtes (LKA) 341 solcher Fälle bekannt. In vielen Städten entstehen daher Sondereinheiten, die neue Aufklärungsversuche starten. Die Chancen zur Aufklärung will Wilharm aber lieber nicht einschätzen. Teils füllen die Akten der Ermittlerin zufolge ganze Schrankwände, manche Fälle liegen Jahrzehnte zurück. Der älteste Fall, den sich die Braunschweiger Ermittler vornehmen, stammt aus dem Jahr 1945.

Bei «Cold Cases» handelt es sich um ungeklärte Tötungsdelikte oder Vermisstenfälle, bei denen mit hoher Wahrscheinlichkeit von einem Tötungsdelikt auszugehen ist. Landesweit zählt das LKA in Hannover derzeit 308 ungeklärte Tötungsdelikte und 33 Vermisstenfälle dazu. Nachdem das LKA im vergangenen Jahr mit den Polizeidirektionen ein gemeinsames Konzept erarbeitet hatte, wurden in Hannover, Lüneburg und Göttingen entsprechende Ermittlungseinheiten eingerichtet. In Osnabrück und Oldenburg laufen entsprechende Prüfungen.

Die quälende Ungewissheit der Angehörigen und Hinterbliebenen zu beenden, nennt Braunschweigs Polizeipräsident Michael Pientka als eine Motivation. Er bezeichnete den aktuellen Högel-Fall als ein Beispiel dafür, wie viel Aufwand in die Aufklärung einzelner Taten gesteckt wird. Anders als etwa Hamburg hat Niedersachsen keine zentrale Ermittlungsgruppe eingerichtet. «Das macht in einem Flächenland auch mehr Sinn», begründete Pientka.

Das sechsköpfige Team inBraunschweig ist sich der Sensibilität bei denFällen bewusst. Immerhin könnte ihre Arbeit bei Betroffenen nicht nur neue Hoffnungen wecken, sondern auch alte Wunden aufreißen. In Braunschweig verbinden viele den ungeklärten Tod des 17-jährigen Tom mit solchen Fällen. Der schwer verletzte Junge war in der Nacht zum 4. November kurz nach vier Uhr mit nacktem Oberkörper unter einer Brücke gefunden worden. Er starb wenig später in einer Klinik. Was genau passierte, ist bis heute nicht geklärt.

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