Mireille Mathieu

Mireille Mathieu wird 75

Seit über 50 Jahren steht sie auf der Bühne

Weder ihren schwarzen Pagenkopf noch die Farbe ihres kirschroten Lippenstifts hat Mireille Mathieu in mehr als einem halben Jahrhundert geändert. Sie sind eins mit dem Namen der Sängerin geworden, die seit den 60er Jahren Lieder von Liebe, Frankreich und Paris singt.

Mehr Zeitlosigkeit und Beständigkeit in einer Person vereint kann es kaum geben. Daran wird sich auch nichts ändern: Die Französin, die am Donnerstag (22. Juli) 75 Jahre alt wird, fühlt sich wohl, so wie sie ist.

Ihre Frisur wurde oft als Helm oder klösterlicher Schnitt verspottet. Fragen, warum sie sie nicht ändert, ist sie gewöhnt. Das sei eine zeitlose Frisur und sie fühle sich in ihrer Haut wohl, sagte sie einmal in einem Interview der Deutschen Presse-Agentur in Paris. In einer Welt, die immer schnelllebiger wird, scheint um sie herum die Zeit still zu stehen. Denn seit den 60er Jahren hat sie auch jeden Musiktrend überlebt und begeistert ihre Fans.

Mireille Mathieu könnte man nicht nur wegen ihrer Unverkennbarkeit und Zeitlosigkeit ein Phänomen nennen. Seit über einem halben Jahrhundert kennt man ihren Namen, ihre Stimme, ihre Lieder - und Erfolge. Mehr als 130 Millionen Alben und 55 Millionen Singles hat sie nach Angaben auf ihrer Website verkauft, rund 1200 Chansons nahm sie in elf Sprachen auf, darunter Deutsch, Chinesisch und Finnisch. Auf Tournee geht sie regelmäßig. Im Dezember sind Konzerte in Slowenien und der Tschechischen Republik angesagt. Zu ihren Welterfolgen gehören „Pariser Tango“, „Hinter den Kulissen von Paris“, „Akropolis Adieu“ und „Ganz Paris ist ein Theater“.

Doch nur wenig ist über ihr Privatleben publik geworden. Von der nur 1,58 Meter großen Französin sind keine Geschichten, keine Skandale bekannt. Geboren wurde sie am 22. Juli 1946 in Avignon in bescheidenen Verhältnissen. Ihr Vater war ein Friedhofssteinmetz und sie die Älteste von 14 Geschwistern.

Die Liebe zur Musik hat ihr der Vater vermacht. Er sang die ganze Zeit Opernarien, wie sie sagte. Sie habe von sich selbst als Aschenputtel geträumt und den Besen als Mikrofon vor dem Spiegel benutzt.

Ihre ersten Auftritte hatte sie schon als Kind in der Kirche und auf Festen. Weil sie unter Legasthenie litt, verließ sie die Schule. Sie begann als Fabrikarbeiterin ihr Geld zu verdienen und nahm früh an Talentwettbewerben teil. Im Jahr 1964 gewann sie mit Edith Piafs „Jezebel“ die Ausscheidung für unbekannte Talente in Avignon. Damit begann eine kometenhafte Karriere, die über Nacht aus der einstigen Hilfsarbeiterin einen Star machte.

Die Sängerin ist katholisch und konservativ. Ihre Stimme betrachtet sie als Geschenk Gottes. Sie danke ihm für dieses Geschenk, dieses Märchen, wird sie von der Frauenzeitschrift „Le Journal des Femmes“ zitiert. Sie sei sehr religiös. Sie bete jeden Tag.

Die Französin lebt zusammen mit ihrer Schwester Monique in einem Stadthaus im schicken Pariser Vorort Neuilly-sur-Seine. Familie ist für sie sehr wichtig. Im Jahr 2016 starb ihre Mutter, zu der sie eine enge Beziehung hatte, im Alter von 94 Jahren. Das sei ein endloser Schmerz, eine Wunde, die nicht heilen werde, erklärte sie noch Monate später. Die Mutter sei eine weise Frau gewesen, unermüdlich und immer lächelnd, so stolz auf jedes ihrer vierzehn Kinder.

Und was die Sängerin sonst noch über sich preisgibt? Sie meidet die Sonne, schläft durchschnittlich neun Stunden, isst vorzugsweise Bioprodukte, raucht nicht und trinkt (Bordeaux und Champagner) nur in Maßen. Über Liebe singt sie viel, redet aber kaum darüber. Natürlich habe es Männer in ihrem Leben gegeben. Aber ihre Privatsphäre sei ein geheimer Garten, erklärte sie bei „Figaro TV“.

Mathieu gehört mit ihrer stimmgewaltigen Stimme neben Dalida und Edith Piaf gewissermaßen zum nationalen Kulturerbe Frankreichs. Im Jahr 1984 erhielt sie das Bundesverdienstkreuz für ihre Verdienste um die deutsch-französische Freundschaft, 1999 wurde sie Ritterin der Ehrenlegion in Frankreich. Zu ihren Fans gehört sogar der russische Staatschef Wladimir Putin, vor dem sie 2008 im Großen Saal des Kremlpalast gesungen hatte.

Eine besondere Schwäche für die kleine Französin haben die Deutschen, die die Sängerin als „Spatz von Avignon“ verehren. Rund ein Drittel ihrer Alben werden in Deutschland verkauft. Ihr erster auf Deutsch gesungener Hit lautete „Hinter den Kulissen von Paris“.

Sie wisse, dass manche Leute sagen, sie sei aus der Mode, sagte sie in dem Interview weiter. Ihre Antwort darauf: Seit über 50 Jahren sei sie da und das Publikum sei ihr immer noch treu. Und diese Liebe sei die schönste Belohnung.

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