Angela Merkel (67) war gestern Abend im TheaterBerliner Ensemble zu Gast und gab dem Schriftsteller und Journalisten Alexander Osang (60) ein Interview. Osang hat Merkel mehrfach porträtiert, man kannte sich also gut und es gab auch den einen oder anderen Lacher.Zum Beispiel sagte sie zur Kritik an ihrer aktuellen Positionierung im Politikgeschehen: "Wenn ich lese: 'Merkel schleicht sich zurück und macht nur noch Wohlfühltermine.' Dann sage ich: Ja!"
Die Bundeskanzlerin a. D. hat in dem Gespräch unter anderem ihre Russland-Politik während ihrer 16-jährigen Amtszeit verteidigt. "Also ich sehe nicht, dass ich da jetzt sagen müsste: Das war falsch, und werde deshalb auch mich nicht entschuldigen." Merkelräumte zwar ein, dass man der Annexion der Krim durch Russland 2014 härter hätte begegnen können. Man könne aber auch nicht sagen, dass damals nichts gemacht worden sei. Sie verwies auf den Ausschluss Russlands aus der Gruppe führender Industrienationen (G8) und den Beschluss der Nato, dass jedes Land zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben soll. Sie sei nicht «blauäugig» im Umgang mit Russland gewesen.
Auch dass sie sich 2008 gegen eine Nato-Osterweiterung um die Ukraine und Georgien gewandt habe, verteidigteMerkel. Hätte die Nato den beiden Ländern damals eine Beitrittsperspektive gegeben, hätte der russische Präsident Wladimir Putin schon damals einen «Riesenschaden in der Ukraine anrichten können».
Es sei so, «dass ich mir nicht vorwerfen muss, ich hab es zu wenig versucht», sagteMerkelzu der Frage, inwieweit sie dazu beitragen konnte, eine Eskalation mit Russland zu verhindern. «Ich habe es glücklicherweise ausreichend versucht. Es ist eine große Trauer, dass es nicht gelungen ist.»