Der Wolf kehrt immer weiter in seine alten Territorien in Sachsen-Anhalt zurück. Was ein Erfolg für den Artenschutz ist, bereitet Nutztierhaltern Sorgen.
Die Zahl der Wölfe in Sachsen-Anhalt hat weiter zugenommen. Im Land siedelten 19 Wolfsrudel und zwei Wolfspaare mit insgesamt mindestens 134 Tieren, wie das Umweltministerium am Montag in Magdeburg mitteilte. Zudem gebe es vier grenzübergreifende Rudel mit weiteren 20 Tieren Richtung Niedersachsen und Brandenburg. Im Vergleich zum Vorjahr seien somit 25 Tiere hinzugekommen. Zwei neue Rudel seien gefunden worden, davon eines nördlich von Wittenberg und eines am Golmer Berg bei Bad Schmiedeberg. Aus mehrere Wolfspaaren hätten sich Rudel entwickelt. Umweltministerin Claudia Dalbert (Grüne) sprach von einer Geschichte des erfolgreichen Artenschutzes.
Die Zahlen sind Ergebnisse des Wolfsmonitorings 2019/20 für den Zeitraum Mai 2019 bis April 2020. Wölfe wurden vor allem mit der Hilfe von Fotofallen und Videos nachgewiesen, aber auch mittels Analyse von Kotproben. Spuren spielten aufgrund schneearmer Winter nur eine geringe Rolle. Ein Blick auf die Karte zeigt, dass die Wolfsterritorien im Landesnorden und -osten liegen. Im Harz läuft die Suche, es wurde aber noch kein Wolf nachgewiesen.
Den Angaben zufolge wurden in Sachsen-Anhalt 61 Welpen geboren. Sieben davon seien bereits bis Ende April gestorben. Der Zuwachs an Wolfterritorien im Vergleich zum Vorjahr sei über die Jahre gesunken. Auch gebe es im Schnitt weniger Welpen pro Rudel und Jahr. «Das weist darauf hin, dass die Population zunehmend langsamer wächst», erklärte der Leiter des Fachbereichs Naturschutz im Landesamt für Umweltschutz, Jens Peterson.
Insgesamt 13 Wölfe seien tot gefunden worden. Acht davon seien bei Verkehrsunfällen getötet und zwei illegal abgeschossen worden, drei seien auf natürliche Weise gestorben.
Die Wölfe richten immer wieder Schäden an, indem sie Nutztiere reißen. Die Zahl der Übergriffe habe um 86 Prozent zugenommen im Vergleich zum vorherigen Monitoringjahr, teilte das Ministerium weiter mit. Insgesamt habe es 95 Übergriffe mit 385 getöteten Tieren gegeben. Hauptsächlich werden Schafe und Ziegen gerissen. Kälber von Rindern hingegen waren seltener Ziel der Wölfe. Es seien 45 Prozent weniger Tiere gerissen worden, von 33 Tieren im Monitoringjahr 2017/18 sei die Zahl auf 18 Kälber im Jahr 2019/20 gesunken.
Die Ursache sei vor allem der verbesserte Herdenschutz der hauptberuflichen Tierhalterinnen und Tierhalter. Nutztierrisse gingen zurück auf Mängel an der Zaunführung und der Elektrifizierung oder fehlenden Schutz davor, dass sich Wölfe unter den Zäunen hindurchgraben können. Hobbytierhalter hielten den Mindestschutz seltener ein.
Umweltministerin Dalbert rief dazu auf, die Präventionsmaßnahmen umzusetzen. «Ein flächendeckender Herdenschutz ist unabdingbar, um Übergriffe auf Nutztiere durch Wölfe zu vermeiden. Herdenschutzmaßnahmen werden sowohl für die Landwirtschaft als auch für die Hobbytierhaltung zu 100 Prozent vom Land Sachsen-Anhalt gefördert.» Das Land habe bis Mitte November rund 145 000 Euro für den Herdenschutz ausgegeben, für den Schadensausgleich etwa 25 000 Euro. Ab 2021 zahlt das Land zusätzlich zu den Zäunen auch die laufenden Betriebsausgaben dafür sowie die laufenden Ausgaben für Herdenschutzhunde von bis zu 1920 Euro pro Jahr und Hund.
Der Monitoringbericht geht auch auf die Zusammensetzung der Nahrung der Wölfe ein. Experten des Senckenberg Museum für Naturkunde in Görlitz hätten dazu den Kot der Tiere untersucht. Das Ergebnis: Zu 93 Prozent ernährten sich die Wölfe von wildlebenden Huftieren wie Rehen, Rothirschen und Damwild, aber auch von Wildschweinen, die je nach Jahreszeit bis zu zwölf Prozent des Biomasseanteils der Nahrung ausmachten. Der Nutria mache bis zu vier Prozent des Speiseplans aus. Nutztiere hätten einen Anteil von weniger als zwei Prozent.