Mehr als 100 Corona-Fälle in der Zast

Schließung gefordert

In der unter Quarantäne stehenden zentralen Erstaufnahme für Geflüchtete in Sachsen-Anhalt (Zast) sind bis Sonntag sieben weitere Corona-Fälle nachgewiesen worden. Damit seien insgesamt 105 Fälle in der Einrichtung bekannt, teilte der Landkreis Harz am Sonntag mit. Nach Angaben des Landesverwaltungsamtes vom Sonntag wohnen noch 620 Menschen in dem Heim in Halberstadt.

Ende März hatte ein Bewohner das neuartige Virus in die Zast eingeschleppt, seit Bekanntwerden steht die Anlage unter Quarantäne. Dabei hatte es zunächst mehrere Probleme gegeben. So soll die Versorgung der Bewohner mit W-Lan und Artikeln des täglichen Bedarfs zunächst mangelhaft gewesen sein. Problematisch war zunächst auch die Kommunikation mit den Einwohnern, da es an Übersetzern mangelte und viele Bewohner dieMaßnahmen nicht verstanden.

Unter diesen Umständen war es über Ostern zu Auseinandersetzungen zwischen den Bewohnern gekommen. Aktivisten hatten Kritik geäußert und forderten das Land zum Handeln auf. DieBehörden schickten daraufhin weitere Übersetzer und Sozialarbeiter in die Einrichtung, legten mehrsprachige Informationsblätter aus und richteten einen Lieferservice ein, bei dem die Bewohner Waren des täglichen Bedarfs wie Hygieneartikel und Zigaretten kaufen können.

Auch das Robert-Koch-Institut schickte ein Team in die Einrichtung, das das Land seitdem berät. Seit Donnerstag werden sämtliche Bewohner der Zast alle zwei Tage getestet. Infizierte werden in andere Einrichtungen in Magdeburg und Quedlinburg verlegt. Direkt nach Bekanntwerden der ersten Fälle hatte das Land außerdem besonders gefährdete Bewohner, also Schwangere, Ältere und Menschen mit Vorerkrankung, aus der Anlage geholt und anderweitig untergebracht.

Die Polizei erhöhte außerdem ihre Präsenz, inzwischen bewacht eine Hundertschaft die Einrichtung. Seit der Auseinandersetzung an Ostern habe es auf dem Gelände keine weiteren Zwischenfälle gegeben, sagte ein Polizeisprecher am Sonntag.

Aktivisten kritisieren seit Wochen, dass die Geflüchteten in der Zast auf engstem Raum leben müssen. Neben den Mitarbeitern des Landes, von Hilfsorganisationen und der Bundeswehr arbeiten viele ehrenamtliche Helfer auf dem Gelände. Am Freitag brachte etwa das Multikulturelle Zentrum Dessau nach eigenen Angaben Spielzeug, Hygieneartikel und rund 1000 Mund-Nasen-Schutze nach Halberstadt, die geflüchtete Frauen zuvor genäht hatten. Das Engagement und die Spendenbereitschaft sei beeindruckend, teilte das Zentrum am Sonntag mit.

Der Prostest gegen die Einrichtung ging trotz der Bemühungen des Landes um eine Verbesserung der Zustände am Wochenende weiter. Am Samstag versammelten sich in Halle trotz Versammlungsverbots rund 50 Menschen, um erneut für eine Schließung der Zast zu demonstrieren. Die Polizeiinspektion Halle hatte die Kundgebung zunächst verboten, die Initiatoren gingen jedoch gerichtlich dagegen vor und bekamen Recht. «In einer Demokratie müssen Versammlungen möglich sein, wir sind froh, dass die Gerichte die grundlegende Bedeutung der Versammlungsfreiheit verteidigt haben», sagte Valentin Hacken vom Bündnis Halle gegen Rechts, das die Kundgebung organisiert hatte.

Für denProtest hatten die Organisatoren zuvor Kreuze auf den Boden gemalt, um einen Mindestabstand von zwei Metern zu gewährleisten. Die Demonstrantinnen und Demonstranten trugen jeweils einen Mund-Nasen-Schutz. Zudem wurden einige Teilnehmer von der Veranstaltung weggeschickt, weil zu viele Menschen sich an demProtest beteiligten und die Hygieneregeln sonst nicht gewährleistet worden wären. Die Polizei bezeichnete das Verhalten der Demonstranten am Sonntag als vorbildlich.

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