Wissenschaftler wollen Lockerung nach Ostern

Leopoldina in Halle fordert

Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle hält eineLockerung der ganzen Maßnahmen gegen Corona nach denOsterferien für möglich. Denkbar sei etwa, dass Kontaktverbote weniger strikt umgesetzt werden, wenn dafür andere Maßnahmen eingehalten werden. Eine schrittweise Lockerung der Einschränkungen solle etwa mit «dem flächendeckenden Tragen von Mund-Nasen-Schutz einhergehen», heißt es in einer Stellungnahme der Leopoldina, die amFreitag, 3. April 2020 veröffentlicht wurde.

Zudem sprachen sich die Experten dafür aus, digitale Werkzeuge zu nutzen, in denen Personen «freiwillig und unter Einhaltung von Datenschutz sowie Persönlichkeitsrechten» Daten über möglicheInfektionswege zur Verfügung stellen. Darüber hinaus sollten dieKapazitäten für Corona-Tests weiter erhöht werden und während einer Übergangszeit auchEinrichtungen der Tiermedizin genutzt werden.

Vergangene Woche war bekannt geworden, dass die Leopoldina eine Arbeitsgruppe gebildet hat, um eine Lockerung der Maßnahmen zu bewerten. «Da werden im Grunde Entscheidungsgrundlagen für uns gelegt, auf die wir uns dann auch stützen können», sagte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek (CDU)vergangeneWoche in Berlin.

Die Leopoldina wurde 2008 zur Nationalen Akademie der Wissenschaften Deutschlands ernannt. Sie vertritt die deutsche Wissenschaft im Ausland, liefert Debattenbeiträge zu den drängenden aktuellen Problemen und berät die Politik mit entsprechenden Stellungnahmen.

OB Wiegand gegen eine Lockerung

Halles Oberbürgermeister Bernd Wiegand sieht hingegen momentan noch keinen Anlass zur Entwarnung. Aktuell gebe es 210 nachgewiesene Fälle einer Infektion mit dem Virus, 15 mehr als am Vortag, sagte er am Freitag, 3. April 2020. Den Angaben nach werden 35 Menschen im Krankenhaus behandelt, davon zehn auf der Intensivstation. Die Fallzahlen steigen laut Wiegand wie im Land auch linear an. «Es gibt aktuell noch keinen Grund zur Entwarnung oder Überlegungen anzustellen, die Ausgangsbeschränkungen zu lockern», sagte Wiegand. Dies würde man auch bitter bereuen, wenn es zum Rückfall einer Corona-Infektionswelle komme.

Halle hat auch nach Angaben des Sozialministeriums die meisten nachgewiesenen Infektionen in Sachsen-Anhalt.

Laut Amtsärztin Christine Gröger wurde der Jüngste in Halle nachweislich Infizierte 2017 geboren, der Älteste 1920. Auch ein Arzt des BG Klinikums Bergmannstrost sei infiziert. Er und seine Kontaktpersonen seien unter Quarantäne. Dies sei geschehen, bevor die an Covid-19 erkrankten Patienten aus Italien eintrafen, die am Donnerstag in das Klinikum gebracht wurden.

Wiegand betonte mit Blick auf das Frühlingswetter, dass die Ordnungskräfte und die Polizei die Einhaltung der Verordnungen des Bundes und des Landes zur Eindämmung des Coronavirus strikt kontrollieren werden. «Es gibt leider noch unbelehrbare Bürger, die den Ernst der Situation unterschätzen», sagte er. «Ich bitte Sie alle herzlich, die Vorgaben zu beherzigen», appellierte Wiegand an die Menschen in der rund 238 000 Einwohner zählenenden Stadt.

Klimaforscher Gerald Haug, seit Februar 2020 Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina
Klimaforscher Gerald Haug, seit Februar 2020 Präsident der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina
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