Am Dienstag stellt Ministerpräsident Reiner Haseloff einen Haushaltsplan vor, den er ein «ausgewogenes Paket» nennt. Kurz darauf laufen die Abgeordneten von CDU, SPD und Grüne dagegen Sturm. Und nun?
Eigentlich wollte Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) den letzten Haushaltsentwurf der schwarz-rot-grünen Regierung am Donnerstag dem Landtag übergeben. Doch daraus wird nichts. Die Pläne der Landesregierung, Rekordausgaben mit Steuererhöhung und geleerten Notreserven zu finanzieren, stößt bei den Abgeordneten von CDU, SPD und Grünen auf großen Widerstand. Statt eines beschlossenen Haushaltsentwurfs stehen jetzt mehrere Sondertreffen der Regierungsparteien an. Ein Überblick:
DIEREGIERUNGSPLÄNE:Geplant ist bisher, dass Sachsen-Anhalt nächstes Jahr 11,7 Milliarden Euro ausgibt und im Jahr 2021 dann 11,9 Milliarden Euro. Trotz steigender Steuereinnahmen sind die Ausgabenwünsche nur zu erfüllen, wenn die Grunderwerbssteuer um 1,5 Punkte auf 6,5 Prozent angehoben wird und gut 600 Millionen Euro aus den Finanzpolstern genommen werden, die eigentlich für schlechte Zeiten vorgesehen sind. Die Rücklagen sind dann fast leer. Mit dem Geld sollen unter anderem mehr Lehrer und Polizisten sowie 380 Schulsozialarbeiter finanziert werden. Ministerpräsident Haseloff sprach noch am Dienstag von einem «ausgewogenen Paket».
DERWIDERSTAND:Kurz nachdem Haseloff und Finanzminister Michael Richter (CDU) am Dienstag die Pläne vorgestellt hatten, reagierten die Abgeordneten der Regierungsparteien mit Protesten. Die CDU-Fraktion, der auch Haseloff, Innenminister Holger Stahlknecht und Bildungsminister Marco Tullner angehören, stimmte mit großer Mehrheit gegen die Steuererhöhung.
Am Mittwoch kündigte auch SPD-Fraktionschefin Katja Pähle Gesprächsbedarf an. Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann sagte, mit Blick auf die Generationengerechtigkeit dürfen die Finanzpolster «nicht verfrühstückt werden, das ist auch nicht nachhaltig».
DIESTREITPUNKTE:Neben dem Gegenwind gegen die Reserveleerung und die Steuererhöhung gibt es auch inhaltliche Streitpunkte. So ist noch keine für alle Seiten vertretbare Lösung gefunden, um die freien Schulen künftig finanziell zu unterstützen. Auch um das Azubiticket gibt es Streit: Vertreter von Wirtschaft und Gewerkschaft pochen seit Jahren darauf, dass dieses verbilligte Nahverkehrsticket für Lehrlinge kommen soll. Die SPD machte es zur Bedingung - auch gegen die Einwände, dass es das Land teuer werde.
Im Kabinett machte Bildungsminister Marco Tullner (CDU) nach eigenen Angaben jetzt den Vorschlag, als Zwischenschritt eine bestehende Regelung auszuweiten, mit der Azubis Zuschüsse zu ihren Fahrtkosten bekommen können. Derzeit gibt es das Geld für Azubis im ersten Lehrjahr, die über die Landkreisgrenzen zur Berufsschule fahren. Für eine Ausweitung auf alle Azubis in allen Lehrjahren seien weitere Mittel nötig und es gebe die Zuschüsse nur für die Wege zur Berufsschule, hieß es aus Tullners Ministerium. Das ist der SPD nicht genug. Es sei wichtig, dass das Ticket billiger sei als eine Fahrkarte und auch in der Freizeit gelte, so Fraktionschefin Pähle. Die Grünen könnten mit dem Kompromiss als Einstieg leben.
DERAUSWEG:Die Abgeordneten der Regierungsparteien wollen das Tempo aus den Verhandlungen nehmen. Für Donnerstag und Montag sind Sonderrunden der Koalitionäre einberufen, um die Streitpunkte zu besprechen. CDU-Chef und Innenminister Stahlknecht plädierte dafür, den Haushalt komplett zu überarbeiten. «Es muss Einschnitte geben.» Heißt: Der Haushalt soll ohne Steuererhöhung und Finanzreserven auskommen - dann müssten die Minister 720 Millionen Euro zusätzlich sparen. Auch CDU-Fraktionschef Siegfried Borgwardt sieht die Minister in der Pflicht. Es müsse nachgearbeitet werden - «bei den Ministern, nicht bei den Fraktionen.»
Aus Sicht von SPD-Fraktionschefin Pähle spricht nichts gegen ausführliche Nachverhandlungen. «Wir gehen sowieso ohne Haushalt ins neue Jahr, dann können wir uns auch Zeit nehmen.» Wann der Haushaltsentwurf ins Parlament geht, bleibt damit offen.
DIEBEWERTUNG:Was bedeutet die offene Ablehnung von allen drei Regierungsfraktionen für die Regierung Haseloff? Die CDU-Abgeordneten tragen Haseloff noch, versicherte Fraktionschef Borgwardt. «Wenn der Haushalt nicht durchginge, dann käme das allerdings einem Misstrauensvotum gleich.» Auf den Landtagsfluren ist hingegen zu hören, dass auch die jetzigen Proteststürme den Ministerpräsidenten schwächen und ein Zeichen seiner schwindenden Autorität sind.