Gefahrenabwehr nach Müllskandal

Jerichower-Land: 29,1 Millionen Euro für 13 Jahre alten Müllskandal

Gefahrenabwehr verschlingt weiter Unsummen

Mehr als 13 Jahre nach Auffliegen des Müllskandals im Jerichower Land sind die Behörden in Sachsen-Anhalt weiter mit der Gefahrenabwehr beschäftigt.

Um die Gefahr von giftigen Stoffen und Gasen in den Tontagebauen Möckern und Vehlitz zu bannen, wird das Land bis zum Jahresende insgesamt rund 29,1 Millionen Euro ausgegeben haben. Das bestätigte das Wirtschaftsministerium auf Anfrage.

Im Frühjahr 2008 war herausgekommen, dass im Jerichower Land Hunderttausende Tonnen Haushaltsmüll illegal in Tongruben verfüllt worden sind. Die ehemalige Betreiberfirma ging insolvent, für die Sanierungskosten kommt größtenteils das Land auf. In den Gruben hatten sich Deponiegase und Sickerwasser gebildet. "Die aktuell laufenden Arbeiten zur Oberflächenabdichtung werden nach den derzeitigen Planungen voraussichtlich im Jahr 2023 abgeschlossen", sagte ein Sprecher des Hauses von Wirtschaftsminister Sven Schulze (CDU) mit Blick auf die Tongrube in Vehlitz.

Neben dem Land musste in den vergangenen Jahren auch der Landkreis Jerichower Land einen einstelligen Millionenbetrag investieren, um verunreinigtes Gelände zu sanieren. Dabei geht es um eine Fläche nahe der Tongrube Vehlitz. Das Gelände war als Mülllagerplatz genutzt worden. Dafür wurde der Boden mit einem Beton-Müll-Gemisch befestigt - mit dem gleichen verbotenen Haushaltsmüll, der auch unterirdisch in der Grube eingebracht worden war. Diese Arbeiten sollen laut dem Landesamt für Geologie und Bergwesen in diesem Monat abgeschlossen werden.

In Möckern wurden die maßgeblichen Sanierungen bereits beendet, doch noch immer ist dort eine Gasverbrennungsanlage mit sieben Gasbrunnen in Betrieb. Auch meteorologische Daten sowie Emissions- und Grundwasserdaten werden weiterhin regelmäßig ausgewertet.

Der Müllskandal wurde in einem Untersuchungsausschuss des Landtags sowie in mehreren Gerichtsprozessen aufgearbeitet. Im Fall der Tongrube Möckern waren im April 2020 sechs Angeklagte nach 136 Verhandlungstagen zu Freiheitsstrafen zwischen drei Jahren ohne Bewährung und elf Monaten mit Bewährung verurteilt worden. Das Landgericht Stendal sah es als erwiesen an, dass die beiden Hauptangeklagten als eingetragene oder faktische Geschäftsführer des Betreibers zwischen Juni 2005 und Mai 2006 etwa 170 000 Tonnen Abfall illegal in den ehemaligen Tagebau einlagern ließen. Sowohl die Angeklagten als auch die Staatsanwaltschaft haben Revision eingelegt.

Das Parallelverfahren zur Tongrube Vehlitz war zuvor nach rund 150 Verhandlungstagen mit einem Urteil gegen die Betreiber zu Ende gegangen. Dabei ging es um rund 900 000 Tonnen illegal verkippten Abfall. Auch in diesem Prozess hatte das Landgericht Stendal Haftstrafen verhängt. Das Urteil soll ebenfalls vom Bundesgerichtshof (BGH) geprüft werden. "Zum jetzigen Zeitpunkt lässt sich weder prognostizieren, wann mit einer Entscheidung zu rechnen ist noch ob beide Verfahren gemeinsam entschieden werden", teilte der der BGH auf Anfrage mit.

In einem weiteren Prozess war der ehemalige Landrat des Jerichower Landes, Lothar Finzelberg, wegen Bestechlichkeit zu fast drei Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht Magdeburg sah es als erwiesen an, dass der frühere Kommunalpolitiker von den Unternehmern Gefälligkeiten annahm und dafür im Gegenzug die illegalen Müllablagerungen ermöglichte und deckte.

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