Jamie-Lee Kriewitz wird Deutschland beim Eurovision Song Contest am 14. Mai in Stockholm vertreten. Die 17-jährige Schülerin aus Springe bei Hannover gewann in Köln mit ihrem Song «Ghost» den deutschen Vorentscheid. Beim Zuschauervoting erhielt die «Voice of Germany»-Gewinnerin im zweiten Wertungsdurchgang 44,5 Prozent der Stimmen und boxte damit auch noch die letzten zwei verbliebenen Konkurrenten, Alex Diehl und Avantasia, aus dem Feld. Zuvor hatte sie sich schon gegen sieben weitere Mitbewerber durchgesetzt.
In ihrem opulenten Kopfschmuck steckt ein Panda-Püppchen, im Arm hängt ein kulleräugiges Kuscheltier, als sie nach dem Sieg gefragt wird, ob sie das nicht irgendwie nerve, ständig mit Lena verglichen zu werden. Kriewitz blieb ihrem Stil bei «Unser Lied für Stockholm» treu. Ihr knallbuntes Outfit stammt aus der asiatischen Manga-Kultur. Wer mal die Zeichentrickserie «Sailor Moon» gesehen hat, erkennt Parallelen. Ihr Sieger-Lied «Ghost» ist hingegen solider West-Pop, der manche eher an die barbadische R&B-Sängerin Rihanna («Umbrella») als an Fernost erinnert.
Der Eurovision Song Contest war aus deutscher Sicht zuletzt ein etwas belastetes Kapitel gewesen. 2015 setzte sich «The Voice»-Sieger Kümmert im Vorentscheid durch - wollte dann aber überraschend doch nicht für Deutschland singen. Für ihn fuhr dann die Zweitplatzierte Ann Sophie zum Finale - und bekam keinen einzigen Punkt. Danach nominierte die ARD Xavier Naidoo («Dieser Weg») als einzigen Kandidaten. Weil der Sänger wegen einiger politischer Äußerungen aber umstritten ist, musste die Nominierung nach Protesten wieder kassiert werden - Eurovision Song Chaos. Vorentscheid-Moderatorin Barbara Schöneberger ging mit der ganzen Vorgeschichte wohl auf die einzig mögliche Art um: mit Selbstironie. Statt den Hickhack unter den Teppich zu kehren, eröffnete sie den Abend mit einem ESC-Medley, in dem sie zu Naidoo-Melodien trällerte, dass «dieser Weg» kein leichter werde, denn «ohne Xavier müssen wir tapfer sein». Sie drohte: «Wenn du mir den Kümmert machst Baby, dann mach ich Hackfleisch aus dir.» Und wer wollte, konnte in ihrer Moderation auch einen Satz der Bundeskanzlerin wiedererkennen: «Wir haben hier ein Motto und es heißt: Ja, wir schaffen das».
Jetzt müsste sich nur noch Europa für eine Sängerin erwärmen können, die der asiatischen Popkultur frönt. Und Ralph Siegel müsste wieder einen neuen Anlauf nehmen.