Edith Kwoizalla ist mit ihren 101 Jahren die erste Heimbewohnerin, die in Deutschland gegen Corona geimpft wurde

Impfstart in Sachsen-Anhalt

Der Harz prescht vor, seit Sonntag offiziell überall

In Halberstadt ging es schon am Samstag los - deutschlandweit wird seit Sonntag, 27.12. geimpft. Das Präparat von Biontech/Pfitzer wird von mobilen Kräften vorerst nur an Alten- und Pflegeheime und Klinikpersonal ausgegeben.

Piks mit 101 - Mit Seniorin aus Sachsen-Anhalt starten Impfungen

Wer tatsächlich zuerst gegen das Coronavirus geimpft worden ist, lässt sich kaum feststellen:mehrere Kliniken sind schon vorab mit Impfdosen versorgt worden, um Mitarbeiter zu immunisieren. Fest steht aber: Eine Seniorin aus Halberstadt schafft es bundesweit in die Schlagzeilen. Als Edith Kwoizalla geboren wird, wütet die Spanische Grippe und kostet Millionen Menschen das Leben. 101 Jahre später gehört sie zu den ersten Geimpften gegen das Coronavirus in Deutschland. Und stiehlt damit der Politikdie Show. Denn der Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt und das Heim, in dem Edith lebt, wollten nicht warten. Sie legten in Halberstadt mit der Corona-Impfung los, während alle vom bundesweiten Impfstart am Sonntag sprachen.

Am Sonntag dann sagt Ministerpräsident Reiner Haseloffbeim offiziellen Impfstartin Dessau-Roßlau: «Ich habe es per SMS vom Bundesminister erfahren und habe mich so wie er genauso gewundert. Aber ich kann es nur so erklären, dass sich dort der Druck so aufgestaut hat, so schnell wie möglich loszulegen.» Haseloff erfuhr also aus Berlin, von Gesundheitsminister Jens Spahn, über die Aktion in Halberstadt. In Dessau betonte er:«Hier ist der Start.»

Warum fing Halberstadt früher an?

Lange wurde auf den Impfstoff gewartet, bis vor wenigen Tagen war für die Landkreise und kreisfreien Städte nicht klar, wann und wieviel Impfstoff ankommt. «Wir hatten uns auf Sonntag eingerichtet wie alle», sagte Landkreissprecher Manuel Slawig. Dann hieß es, die Impfstoffe kämen am Samstag. Kurzerhand habe man entschieden loszulegen. Günstig am Seniorenzentrum Krüger sei die übersichtliche Größe mit 59 Bewohnerinnen und Bewohnern. Die Abläufe ließen sich dort gut erproben. «Das ist ja neu für alle», sagte Slawig. Routine könne sich erst nach und nach einstellen.

Tobias Krüger gibt die Devise aus: «Jeder Tag, den wir warten, ist ein Tag zu viel». Mit seiner Frau Sandra führt der 47-Jährige mehrere Senioreneinrichtungen in und um Halberstadt, drei stationäre Einrichtungen, zwei Mal betreutes Wohnen, einen ambulanten Dienst und eine Tagespflege. Niemand könne sagen, das Virus lasse sich zu 100 Prozent aus einer Einrichtung heraushalten, sagt Krüger. Die Erfahrung musste Krüger schmerzlich machen. Das Virus habe eine Einrichtung für betreutes Wohnen erreicht. «Unterbrechen kann man's», sagt er, raushalten aber eben nicht. Und so hat er umgehend ja gesagt, als die kurzfristige Anfrage des Landkreises kam, ob man vorbereitet sei. Grundsätzlich bedeute die Corona-Impfung nicht mehr Arbeit als andere Schutzimpfungen, etwa gegen Grippe, findet Krüger. «Der Ablauf ist keine große Sache», sagt er. Der Impfstoff muss angerührt, verabreicht und dokumentiert werden. «Der Aufwand liegt im Vorfeld», sagt Krüger. Die Kühlung des Impfstoffes ist kompliziert, die Einrichtungen müssen die Einwilligungserklärungen der Senioren oder deren Betreuer einholen. Zwei bis drei Stunden hat es gedauert für die 40 impfwilligen Bewohner, von den rund 40 Mitarbeitern wollten sich zehnimpfenlassen, sagt Krüger. «Alle, die wollten, sind geimpft worden.» Danach wird genau hingesehen. Über Edith Kwoizalla sagte Krüger nach ein paar Stunden: «Es geht ihr wie immer.» Am Sonntag erklärte er das Zitat für weiter gültig und sagte zudem über sämtliche Geimpften:«Es geht allen gut.» Heimbetreiber Krüger, der selbst Pflegefachkraft ist, hat sich auchimpfenlassen. Er halte die Impfung für sinnvoll. «Ich verstehe aber auch die Bedenken.» Am 15. Januar, also in knapp drei Wochen, erfolgt die zweite Impfung der Bewohner. Dann erst soll die volle Wirkung des Impfstoffs der Mainzer Firma Biontech und ihres US-Partners Pfizer gewährleistet sein.

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wurde von dem vorgezogenen Impfstart im Landkreis Harz überrascht. Spahns Sprecher sagte der «Bild am Sonntag», der Minister freue sich mit Edith Kwoizalla und wünsche ihr alles Gute. Der Sprecher betonte gleichwohl: «Allerdings hatten wir mit allen Partnerländern der EU und mit den 16 Bundesländern vereinbart, am Samstag an alle auszuliefern und ab Sonntag gemeinsam mit den Impfungen zu beginnen.»

Vorsicht vor Betrug

Europol warnte aber auch jetzt schon vor Betrug und Diebstahlversuchung rund um die begehrte Impfung. So sind bereits gefälschte Verkaufsangebote in sozialen Netzwerken aufgetaucht. Auch Raub gehört zu den Möglichkeiten. Bereits im ersten Lockdown wurden Transporter von Schutzmasken überfallen. Selbiges könnte auch beim Impfstoff passieren.

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