Im Streit um die Rechte am Liedtext "Hey, Pippi Langstrumpf" hat das Landgericht Hamburg zugunsten der Erben von Astrid Lindgren (1907-2002) entschieden.
In der deutschen Version des Pippi-Langstrumpf-Liedes rechnet das wilde Mädchen sehr eigenwillig. In der schwedischen Originalfassung "Här kommer Pippi Långstrump" hat es einen Koffer voll Geld. Beide Versionen hängen aber ganz eng zusammen wodurch die deutsche Textversion das Urheberrecht an der literarischen Figur verletzt, heißt es in dem am Mittwoch verkündeten Urteil.
Frankes Text ist eine sogenannte unfreie Bearbeitung einer rechtlich geschützten Figur. Er knüpft unmittelbar an die Schöpfung von Astrid Lindgren an. Durch die Übernahme ihrer Merkmale wie Haus, Affe und Pferd bringt der Liedtext zum Ausdruck, dass es sich um die Pippi Langstrumpf handelt, die der Zuhörer bereits aus Lindgrens Erzählungen kennt.
Die Erben der schwedischen Kinderbuchautorin müssten an der Verwertung des Liedtextes beteiligt werden. Lindgren habe es 1969 ausdrücklich abgelehnt, dass sich der Verfasser der deutschen Textversion, Wolfgang Franke, als alleiniger Autor nenne. Frankes Fassung war durch die im selben Jahr herausgekommene deutsch-schwedische Fernsehserie bekannt geworden. Die Melodie des Liedes von Jan Johansson ist von dem Urteil nicht berührt.
Die Anwältin der Münchner Musikverlagsgesellschaft, Alexandra Heyn, möchte das Urteil jedoch anfechten. Sie betonte die hohe schöpferische Qualität des Franke-Textes: "Der ist genial." Astrid Lindgren dagegen sei zwar eine geniale Kinderbuchautorin gewesen, aber: "Sie war keine geniale Liedtexterin."
Rechtsanwalt Ralph Oliver Graef, der die Lindgren-Erbengesellschaft vertritt, ist da anderer Ansicht. Lindgrens Text sei ganz klar die Vorlage gewesen, die deutsche Version baue im Wesentlichen darauf auf. "Da haben Sie auch trallari trallahey tralla hoppsasa drin, den Affen, die Villa Kunterbunt", sagte der Anwalt. Dass Franke "Widewidewitt" eingebaut habe, sei nicht besonders originell.
Astrid Lindgren selbst hat zu Lebzeiten nicht auf ihre Rechte gepocht. Dazu sagt Graef, die Autorin sei eine hochintegre Persönlichkeit gewesen, "der es nie darum ging, Geld zu verdienen mit ihren Werken, sondern die Geschichten erzählen wollte".
Wenn das Urteil vollstreckt wird, dürfen derMünchner Filmkunst Musikverlag sowie Frankes Witwe den Text des Liedes nicht weiter verbreiten. Zudem müssen sie Auskunft über die Einnahmen seit 2007 erteilen und den Lindgren-Erben Schadenersatz für die entgangene Beteiligung zahlen.
Alle Prozessbeteiligten seien sich einig, dass es sehr schade wäre, wenn der Liedtext nicht mehr verbreitet werden könnte, betonte Richter Benjamin Korte. "Wir werden alles daran setzen, dass das nicht passiert", versicherte Rechtsanwalt Graef. "Das ist ja eine Ikone, fast schon deutsches Kulturgut", sagte er über Pippi Langstrumpf.
Originalversion"Här kommer Pippi Långstrump"