Hausärzte steigen in Kampagne ein

Erste Patienten geimpft

Hausärzte können ab sofort erste Patienten gegen Corona impfen. Die Auslieferung läuft nach Angaben der Apotheken reibungslos. Klappt alles wie geplant, könnte Sachsen-Anhalt im Sommer durchgeimpft sein, sagt der Hausärzteverband.

Knapp dreieinhalb Monate nach der ersten Corona-Impfung in Sachsen-Anhalt steigen die Hausärzte in die Impfkampagne ein:Die ersten Dosen des Präparats von Biontech sind am Dienstag an die Hausärzte ausgeliefert worden. «Es hat wirklich alles so geklappt wie angekündigt», sagte der Chef des Landesapothekerverbandes, Mathias Arnold. Er habe gerade die ersten Dosen an zwei Hausärzte in Halle ausgeliefert, sagte der Apotheker.

Anders als die direkt vom Land belieferten Impfzentren bekommen die Hausärzte den Corona-Impfstoff, wie alle anderen Impfstoffe, über den Großhandel und die Apotheken. Die verfügbare Menge wird dann unter den Hausärzten aufgeteilt. Mit der ersten Lieferung am Dienstag bekamen die Hausärztinnen und Hausärzte zwischen 12 und 48 Dosen. «Die sind jetzt bis Samstagmorgen haltbar», erklärte Arnold. In den kommenden Wochen soll Biontech deutlich mehr Impfstoff zur Verfügung stellen.

Wie viele der bundesweit rund eine Million Impfdosen der ersten Lieferung an Deutschlands Hausärzte nach Sachsen-Anhalt gingen, ist unklar. Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) schätzt, dass landesweit rund 1000 beliefert wurden, mit durchschnittlich 24 Dosen pro Arzt. In den kommenden Wochen sollen neben den Haus- auch die ersten Fachärzte mit Impfstoff beliefert werden. «Ende April erwarten wir insgesamt deutlich mehr Impfstoff in den Praxen, um die Impfkampagne weiter beschleunigen zu können», sagte Heike Liensdorf von der KVam Dienstag. Neben Biontech soll dann auch Astrazeneca-Impfstoff an die Haus- und Fachärzte gehen.

Die ersten Hausärzte impften unmittelbar nach der Lieferung los, darunter Dr. Cordula Schöler aus Magdeburg oderHolger Fischer aus Quedlinburg, Vorstand beim Hausärzteverband Sachsen-Anhalt. «Wir haben direkt eine Ampulle aufgezogen und die ersten sechs Dosen verimpft», sagte Fischer am frühen Abend. Die ersten sechs Patienten, die er geimpft hat, waren Hochrisikopatienten mit Diabetis, Gefäßkrankheiten oder Lungenkrankheiten. Alle waren unter 65. Seine älteren Patienten will Fischer mit Astrazeneca impfen, das in den kommenden Wochen auch an die Hausärzte geliefert werden soll. Einige Hausärzte in Halle und Magdeburg wollten ebenfalls noch am Dienstag mit den Impfungen beginnen.

Fischer begrüßte ausdrücklich, dass nun auch niedergelassene Ärzte impfen dürfen. Das Impfen in den Praxen erfordere deutlich weniger Bürokratie als die Verfahren in den Impfzentren. Die Hausärzte könnten am Ende eines Tages außerdem leichter Nachrücker für übrig gebliebene Impfdosen finden, da der Kontakt zu allen Impfkandidaten ohnehin bestehe.

Die Hausärzte hätten im vergangenen Herbst binnen sechs Wochen mehr als ein Drittel der Bevölkerung gegen Grippe geimpft, das zeige das große Potenzial der Praxen. Es sei bedauerlich, dass diese großen Kapazitäten erst jetzt in die Impfkampagne eingebunden würden. Wenn die Hersteller die angekündigten Lieferungen einhalten, könnte Sachsen-Anhalt laut Fischer bis zum Sommer die angepeilte Impfquote von 70 Prozent erreichen. «Bis zu den Sommerferien wäre ich gern fertig», sagte Fischer.

Davon ist Sachsen-Anhalt derzeit noch weit entfernt: Am Dienstag hatten laut Gesundheitsministerium 13,1 Prozent der Sachsen-Anhalterinnen und Sachsen-Anhalter ihre Erstimpfung bekommen, 4,8 Prozent waren vollständig geimpft.

Auch Impfstart bei den Hausärzten in Sachsen, Thüringen und Niedersachsen

In Sachsen sollen wegen der noch geringen Liefermengen pro Praxis und Woche zunächst etwa 20 Impfdosen zur Verfügung stehen, wie das Sozialministerium am Dienstag in Dresden mitteilte. Zunächst werde mit dem Impfstoff von Biontech/Pfizer geimpft, später soll das Vakzin von Astrazeneca hinzukommen. Die Terminvergabe regeln die Praxen selbst. Dabei können die Mediziner ihre Patientinnen und Patienten gezielt ansprechen, um die vorgegebene Priorisierung einzuhalten.

Die Praxen würden auch hier ihren Impfstoffbedarf über den Großhandel und die Apotheken beziehen, hieß es. Sie bestellen den Impfstoff selbst über das System der Regelversorgung. Ergänzend zu den Lieferungen über den Großhandel erhalten rund 160 Praxen in den grenznahen Landkreisen Görlitz, Erzgebirge und Sächsische Schweiz-Osterzgebirge in dieser Woche rund 50 000 Dosen des Impfstoffes von Astrazeneca. Damit soll den Angaben nach die Impfkampagne in den Grenzregionen zusätzlich unterstützt werden.

In Thüringen stehen in dieser Woche zunächst rund 20 000 Dosen des Wirkstoffs von Biontech/Pfizer zur Verfügung, wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in Erfurt sagte. Noch konnten keine Angaben gemacht werden, wie viele der etwa 1400 Hausarztpraxen im Freistaat ihren Patienten ein Impfangebot machen. Ebenfalls ab Wochenmitte sollen in den Thüringer Corona-Hotspots zusätzliche Impfungen angeboten werden.

Nach Angaben der Kassenärztlichen Vereinigung soll damit zunächst im Saale-Orla-Kreis, dem Wartburgkreis und dem Kreis Schmalkalden-Meiningen begonnen werden. Der Kreis Greiz und die Stadt Gera würden aus logistischen Gründen in der kommenden Wochen mit zusätzlichen Impfungen folgen. Thüringen hat nach einer Vereinbarung von Bund und Ländern für die vier Kreise und die Stadt Gera rund 35 000 Impfdosen zusätzlich aus einem Sonderkontingent der EU erhalten.

Auch in Niedersachsen sind zunächst besonders gefährdete Menschen an der Reihe, sagte der Vorstandsvorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung Niedersachsen (KVN), Mark Barjenbruch. Die Praxen sprächen ihre impfberechtigten Patientinnen und Patienten von sich aus an. «Wir bitten die Bevölkerung daher, von Anfragen in ihren Hausarztpraxen abzusehen.» Der Bund hatte angekündigt, die Arztpraxen in den ersten 2 Wochen nach Ostern zunächst mit etwa 20 Impfdosen pro Woche zu versorgen.

Dr. med. Cordula Schöler aus Magdeburg
Dr. med. Cordula Schöler aus Magdeburg
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