Archäologen haben im Landkreis Börde 25 seltene steinzeitliche Gräber entdeckt. Bei dem 6500 Jahre alten Fund naheWedringenhandele es sich um Brandgräber der sogenannten Rössener Kultur, sagte Projektleiterin Susanne Friederich am Donnerstag. Das sei eine Besonderheit, da in dieser Kultur die Toten normalerweise in der Erde bestattet wurden. «Dabei sind es keine Urnengräber, sondern die Grabgruben entsprechen in ihrer Größe denen für Körperbestattungen», sagte Friederich. Anstelle eines kompletten Skeletts fanden die Archäologen nur Leichenbrandsplitter.
Die Toten wurden mit ihren persönlichen Beigaben verbrannt. Davon zeugten durch Hitzeeinwirkung zersprungene Steinäxte aus Felsgestein. «In der Epoche der Rössener Kultur wurde die Axt erfunden», sagte Friederich. Die Leichenbrandsplitter lagen gemeinsam mit Ascheresten im Mittelbereich der jeweiligen Grabgrube. Möglicherweise hätten sich die Rössener-Menschen die Brandbestattung von der Stichband-Kultur abgeschaut, deren Anhänger etwa zur gleichen Zeit in der Gegend lebten, sagte die Archäologin.
Jeweils am östlichen Rand der Grabgruben standen, wie bei einer Körperbestattung, die Gefäße. Möglicherweise lagen darin Speisen für den Weg ins Jenseits. Zudem fanden sich im nahen Umfeld der Grabgruben mehr oder weniger achtlos deponierte Gefäße. «Es könnten Relikte einer Bestattungszeremonie mit Umtrünken gewesen sein», sagte Friederich. Ebenso ist ein Hausumriss freigelegt worden. Die Menschen lebten in kleinen, weiler- oder dorfartigen Siedlungen. Ihre Häuser waren bis zu 30 Meter lang.
In den 1870er Jahren wurde erstmals ein Gräberfeld der Gruppe im heutigen Leunaer Ortsteil Rössen (Saalekreis) entdeckt und die Gruppe danach benannt. Sie erstreckte sich vom Rhein bis nach Böhmen. Charakteristisch für die Rössener Kultur sind die flächendeckend verzierten Keramikgefäße. Typisch ist auch, dass die Ornamente mit Vogelknochen in den Ton gedrückt wurden. Die entstandenen Eintiefungen sind mit einer weißen Paste ausgefüllt. Die Grabungen beiWedringenerfolgten im Vorfeld des Neubaues einer Ortsumfahrung.