Die Lehrergewerkschaft VBE in Sachsen-Anhalt sieht in der Wiedereröffnung der Schulen einen richtigen Schritt im Umgang mit der Corona-Krise. «Wir begrüßen, dass die Mahnungen der Lehrerverbände ernst genommen wurden», sagte der Vorsitzende des Landesverbands Bildung und Erziehung, Torsten Wahl, am Mittwochabend in Halle.
Zuvor hatte sich bereits die Bildungsgewerkschaft GEW Sachsen-Anhalt positiv über die zwischen Bund und Ländern getroffenen Beschlüssen hinsichtlich der weiteren Corona-Maßnahmen für Schulen geäußert.
Die Landesregierung teilte am Abend des 15.04.2020 mit, dass der Schulbetrieb ab 4. Mai schrittweise wieder aufgenommen werden. Für Abschlussklassen soll es bereits im Laufe der nächsten Woche wieder losgehen. Details will Bildungsminister Tullner morgen am Freitag bekanntgeben.
Der VBE Sachsen-Anhalt formuliert fünf Kernforderungen für Schulöffnungen:
1.Vorlaufzeit für Öffnungen
Die Schulen benötigen Zeit, um alle notwendigen organisatorischen Fragen zu klären. Dabei geht esvor allem um die Planung des Einsatzes der Lehrkräfte in den Abschlussklassen unter Berücksichtigung der Fachkombination zur Prüfungsvorbereitung. Aber Fragen zum Abgleich der Lernstände, Gestaltung des Wiedereinstiegs der einzelnen Klassenstufen in den Schulalltag. Hierbei ist es unbedingt notwendig, Lernkonzepte nach Dringlichkeit für die verbleibende Unterrichtszeit zu entwickeln. Ebenso ist es unerlässlich sehr enge Abstimmungen mit den Trägern der Ganztagsbetreuungseinrichtungen zu treffen. Für die gebundenen Ganztagsschulen müssen eigene Konzepte für den Wiedereinstieg entworfen werden.
2.Klare Regelungen und Mindeststandards für den Schulalltag definieren
Vor allem die Schulleitungen und Schulträger brauchen klare und präzise Vorgaben zur Umsetzung von Sicherheits- und Hygienekonzepten, wie das eventuelle Tragen von Alltagsmasken, Desinfektionsmöglichkeiten, Ausgestaltung der Sanitäranlagen, Abstandsregelungen, maximale Personenzahl pro Lerngruppe/Klasse und Klassenraum sowie Regelungen für die Pausengestaltung.
3.Schutz von Risikogruppen
Im Vorfeld muss klar definiert sein, welche Personen weiterhin dem besonderen Schutz bedürfen, weil sie zu einer Risikogruppe gehören. Dies gilt sowohl für Lehrkräfte über 60 oder mit einer Vorerkrankung als auch für alle Schülerinnen und Schüler, die einer Risikogruppe angehören. Hier müssen praktikable Lösungen für eine Beschulung vorher gefunden werden.
Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf insbesondere in den Bereichen geistige, körperliche und motorische Entwicklung sowie mit emotionalen sozialen Entwicklungsstörungen benötigen teilweise Assistenz im Schulalltag. Dem muss mit Regelungen für die Unterrichtung und Begleitung von Kindern und Jugendlichen, die auf Nähe und Körperkontakt angewiesen sind, Rechnung getragen werden.
Für gesundheitlich gefährdete Schülerinnen und Schülern, die noch nicht beschult werden können, müssen konkrete Pläne entwickelt werden. Geregelt werden muss, wie ein regelmäßiger Kontakt zu Lehrkräften, Sozial- und Betreuungskräften sichergestellt werden kann.
4.Abstimmung der Schülerbeförderung
Mit den Schulträgern und den Beförderungsunternehmen muss vor einer geplanten Öffnung der Schulen ein genaues Konzept zur Schülerbeförderung erarbeitet werden unter Beachtung der erforderlichen Abstandsregelungen.
5.Verhalten von Schülerinnen und Schülern einrechnen
Der Fokus der Öffnung von Schulen sollte anfangs nicht auf dem Erbringen bewertbarer Leistungen liegen, sondern auf der Restrukturierung des Alltags. Die besondere Situation und die langen Schulschließungen hatten und haben psychische Effekte für alle an Bildung Beteiligten. Dem Erlebten muss Raum gegeben werden können.
Schülerinnen und Schüler egal welchen Alters werden sich zudem (ob bewusst oder unbewusst, aus Spaß oder erlernten Rollenmustern) nicht immer an die Hygieneregeln halten (können). Es ist grundlegend, dies bei allen Vorgaben einzubeziehen und keine unrealistischen Anforderungen an sie zu stellen.