Germanen und Völkerwanderung in Halle

Landesmuseum erweitert Ausstellung

«Barbarenmacht» heißt der neue Teil der Dauerausstellung im Landesmuseum Halle. Damit soll ab 3. September die Ausstellung um eine germanische Versammlungshalle erweitert werden. «Etwa 450 Objekte aus dem 3. bis zur Mitte des 5. Jahrhunderts sind zu sehen», sagte Kuratorin Anne Wolsfeld der Deutschen Presse-Agentur im Vorfeld. «Der 180 Quadratmeter große Ausstellungsraum wurde in aufwendiger Handwerksarbeit als stilisierte germanische Versammlungshalle gestaltet.»

«In der Epoche der Spätantike und Völkerwanderungszeit verschwanden die Römer und die Zeit der Germanen brach an», sagte der Referatsleiter für die Dauerausstellung, Arnold Muhl. «Für die Besucher wird das durch einen künstlich gestalteten Mauerdurchbruch, vom Ausstellungsraum des 1. und 2. Jahrhunderts, zum jetzigen neuen Raum deutlich.» Hauptattraktionen aus der Spätantike sind Funde aus dem Fürstengrab von Gommern (Landkreis Jerichower Land) und vier reich ausgestatteten Gräbern bei Leuna (Saalekreis).

Die Leuna-Gräber wurden 1917 und 1926 entdeckt. Ausgestellt werden Pfeilspitzen, Mantelverschlüsse - sogenannte Fibeln - und Reitersporen, alles aus Silber. Dazu goldene Fingerringe, Kämme, mehrere römische Tongefäße sowie eine Silberschale, eine Bronzekelle mit Sieb und Teile einer Glasschale. In einem dieser Gräber fand sich die Münze des Kaisers Tetricus aus der Zeit um das Jahr 300.

Das Fürstengrab von Gommern wurde 1990 von zwei ehrenamtlichen Bodendenkmalpflegern fast unversehrt entdeckt. Zu den Schaustücken gehört ein Halsring aus 500 Gramm purem Gold, ebenso ein römischer Klapptisch, ein Bronzekessel, ein verzierter Silbereimer und erlesene Gläser sowie die Reste eines Spielbrettes. Auch Messer, Scheren, Sporen, Schnallen und Fibeln wurden dem toten Machthaber ins Grab gelegt. «Die Germanen wollten das Geld und den Luxus der Römer, lehnten aber ihre Denkweise und Schriftsprache ab», sagte Muhl.

Aus der Zeit der Völkerwanderung sind die Beigaben aus drei Turmschädelgräbern von Obermöllern und Lützen (Burgenlandkreis) zu sehen. «Darin lagen Frauen, die einen deformierten, zu einem Turm geformten Schädel aufweisen», sagte Wolsfeld. «Das war eine kulturelle Eigenheit der Hunnen, die hier im 5. Jahrhundert durchgezogen sind. Die einheimische Bevölkerung übernahm dieses Schönheitsideal für zwei, drei Generationen.» Dabei wurden den weiblichen Säuglingen nach der Geburt für circa ein bis zwei Jahre die Köpfe in Form eines Turmes bandagiert. Als Beigaben aus diesen Gräbern sollen unter anderem Fibeln, bunte und einfarbige Glasperlen sowie ein Amulett aus Gold ausgestellt werden.

Das Landesmuseum Halle ist bekannt für die mehr als 3600 Jahre alte Himmelsscheibe von Nebra. Sie zeigt in Form von Goldauflagen die älteste astronomisch korrekte Darstellung des Himmels.

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