EU-Ratspräsidentschaft? Und nun?

Was ist der EU-Rat

Im Rat der Europäischen Union sind die Regierungen der 27 Mitgliedsstaaten vertreten. Er wird auch Ministerrat genannt, weil sich immer Minister der EU-Ländern in Brüssel oder Luxemburg versammeln. Der EU-Rat erlässt zusammen mit dem EU-Parlament Gesetze, an die sich Europa halten muss. Und er macht die EU-Politik.

Der Rat hat zwar einen Präsidenten, der vom Rat selbst für zweieinhalb Jahre gewählt wird. Aber der Vorsitz beim Rat wechselt alle sechs Monate - und ab heute ist Deutschland dran. Das letzte Mal hatte Deutschland im 2. Halbjahr 2006 den Vorsitz.

Deutscher Vorsitz im Rat der EU: 1.Juli– 31.Dezember 2020

Jetzt müssen deutsche Politiker wieder die Sitzungen und Tagungen auf allen Ebenen des Rates leiten und dafür sorgen, dass das Tagesgeschäft läuft, Verhandlungen zügig und ergebnisorientiert laufen und möglichst sinnvolle Beschlüsse gefasst werden. Die Bundesregierung hat für die kommenden sechs Monate dasMotto „Gemeinsam. Europa wieder stark machen“ ausgerufen. Man will sich vor allem in diesen Bereichen stark machen:

  • die dauerhafte Überwindung der Coronavirus-Krise sowie die wirtschaftliche und soziale Erholung
  • ein stärkeres und innovativeres Europa
  • ein gerechtes Europa
  • ein nachhaltiges Europa
  • ein Europa der Sicherheit und der gemeinsamen Werte
  • ein starkes Europa in der Welt

Es steht zwar nicht auf der speziellen deutschen Agenda, muss aber generell gewuppt werden: noch im Juli muss der nächste siebenjährige EU-Haushaltsrahmen zuwege gebracht werden. Wichtig sind zudem der geplante Handelspakt mit Großbritannien nach dem Brexit.

Normalerweise kommt der Rat vier Mal im Jahr zu sogenannte Gipfeltreffen zusammen.

Wenn die Bundesrepublik Deutschland den Vorsitz im Rat der Europäischen Union übernimmt, wird sie eng mit den Regierungen von Portugal und Slowenien, die nachfolgend den Vorsitz im Rat der EU übernehmen werden, im Rahmen des „Trioprogramms“ zusammenarbeiten. Das Trioprogramm gewährleistet eine reibungslose Übergabe des Vorsitzes von einem EU-Mitgliedstaat an den anderen durch eine Planung für 18 Monate, die die Themen benennt, welche während der jeweiligen Vorsitze nach Maßgabe der Strategischen Agenda 2019‑2024 angegangen werden sollen. Vor Deutschland hatte Kroatien den Vorsitz.

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Was wird von Deutschland erwartet?

Industriepräsident Dieter Kempf mahnte die Bundesregierung, sich nicht zu verzetteln. Kempf sagte der Deutschen Presse-Agentur: «Der Erfolg der deutschen Ratspräsidentschaft darf nicht durch eine lange Wunschliste mit zu hohen Erwartungen gefährdet werden.» Die Bundesregierung müsse die Präsidentschaft noch konsequenter auf die wirtschaftliche Erholung Europas ausrichten. Der EU-Parlamentspräsident David Sassoli sagte dagegen zur deutschen Ratspräsidentschaft: «Die Prioritäten stimmen.» Die Bundesregierung setze die richtigen Prioritäten, indem sie sich zunächst auf den milliardenschweren Corona-Wiederaufbauplan sowie den EU-Haushalt konzentriere, sagte er der «Süddeutschen Zeitung» (Mittwoch). Merkel «konzentriert sich auf die Ziele, die uns alle betreffen, wie Migration, Green Deal und Klimaschutz sowie die Frage der Erweiterung». Sie habe die Aufgabe, das Motto von Altkanzler Helmut Kohl zu verwirklichen: «Wir brauchen kein deutsches Europa, sondern ein europäisches Deutschland.» Das Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen UNHCR sieht indes den Schutz der Flüchtlinge als Priorität der Ratspräsidentschaft. Gonzalo Vargas Llosa, UNHCR-Beauftragter für EU-Angelegenheiten, betonte, Vertriebene hätten in der Pandemie ein erhöhtes Risiko. «Durch politische und finanzielle Unterstützung kann die EU dazu beitragen, eine globale Krise zu bewältigen und Flüchtlinge besser zu schützen.» Wichtig sei auch Zugang zu gerechten und schnellen Asylverfahren. Die Grünen wünschen sich eine Klimapräsidentschaft, wie die Zeitungen der Funke Mediengruppe berichteten. Zu ihren Forderungen zählt, das Klimaziel zu verschärfen: Bis 2030 solle die EU die Treibhausgase um 65 statt wie bisher geplant um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 drücken. Alle Ausgaben müssten auf Klimarelevanz geprüft werden

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