Seit Wochen fragen sich Kinder und Eltern, wann es trotz Corona-Pandemie wieder Unterricht in den Klassenräumen gibt, jetzt hat Sachsen-Anhalts Bildungsminister Marco Tullner (CDU) ein Konzept vorgelegt. Unter der Voraussetzung, dass die Infektionszahlen moderat bleiben und die schwarz-rot-grüne Landesregierung den Plan am Samstag absegnet, sollen alle Schülerinnen und Schüler bis zu den Pfingstferien am 18. Mai mindestens für einen Tag in die Schule kommen. Das hat Tullner gesternlive in einer Pressekonferenz erklärt (siehe unten).
Nach den Ferien soll es in geteilten Klassen und mit vielen Auflagen regelmäßigen Unterricht vor Ort geben, der durch Aufgaben für zu Hause ergänzt wird. Doch was genau ist der Plan?
Seit dem 23. April können sich die Abschlussklassen im direkten Austausch mit ihren Lehrerinnen und Lehrern in den Schulen auf ihre Prüfungen vorbereiten. Am Montag (4. Mai) sollen die nächsten Jahrgänge dazukommen: Erstmals öffnen die Grundschulen wieder, um die Viertklässler regelmäßig vor Ort zu unterrichten. Zudem sollen die Jugendlichen zurückkehren, die nächstes Jahr einen Abschluss machen. Zwei Tage später (6. Mai) sollen die Schülerinnen und Schüler dazukommen, die im Jahr 2022 ihr Abitur machen wollen.
Das soll in zwei Schritten passieren. Zunächst soll ab dem 6. Mai an jedem Tag ein anderer Jahrgang in die Schulen kommen und in kleine Gruppen aufgeteilt werden. Mit diesem ersten Schritt solle für alle Kinder und Jugendlichen wieder ein direkter Kontakt zu den Lehrkräften ermöglicht werden, so Tullner.
Zudem sollen die Lernfortschritte der Schüler überprüft und organisatorische Fragen geklärt werden. Die genaue Reihenfolge der Jahrgänge bei der Rückkehr werde den Schulen überlassen, die das Konzept etwa auf ihre jeweiligen räumlichen Gegebenheiten anpassen müssten. Nach den Pfingstferien (ab 2. Juni) soll es regelmäßigen Unterricht für alle Klassenstufen geben, bei dem zwischen Unterricht vor Ort sowie Homeschooling gewechselt wird.
Wie schon bei der Rückkehr der Abschlussjahrgänge gelten strenge Auflagen zu Abstand zwischen den Schülerinnen und Schülern, Hygiene und ausgiebigem Lüften. Ein Mund-Nasen-Schutz ist im Schulbus Pflicht, muss aber nicht im Schulgebäude getragen werden. Um die Abstandsregeln einzuhalten, sollen die Klassen aufgeteilt werden.
Laut Tullner sieht das Konzept vor, alle Klassen in eine Gruppe A und eine Gruppe B zu teilen, von denen jeweils nur eine in der Schule unterrichtet wird. Bei der Umsetzung gibt es mehrere Optionen: Die Gruppen könnten sich jeden Tag mit Präsenzunterricht abwechseln. Die andere Gruppe würde in dieser Zeit mit Aufgaben zu Hause lernen. Mit Blick auf die Eltern, die ihre Kinder außerhalb der Schulzeit weiter betreuen müssten, sei es denkbar, wochenweise zwischen den Gruppen zu wechseln. Das wird jeweils vor Ort in den Schulen entschieden.
Schülerinnen und Schüler, die wegen Vorerkrankungen ein besonderes Risiko haben, schwer an Covid-19 zu erkranken, sollen vom Präsenzunterricht befreit werden und weiterhin von zu Hause aus mit Aufgaben lernen, wie das Bildungsministerium mitteilt. Lehrkräfte mit einem besonderen Risiko sollen ein ärztliches Attest vorlegen und sich mit ihren Schulleitungen besprechen. Die Betroffenen werden dann für den Fernunterricht der Schülerinnen und Schüler eingesetzt, die gerade nicht in den Klassenzimmern unterrichtet werden.
Die Bildungsminister der Länder haben lange über ein gemeinsames Konzept beraten, wie der Schulbetrieb wieder aufgenommen werden könnte. Am Montagabend war das Papier fertig. Es gehe darum, sowohl den ältesten Jahrgängen einen Abschluss zu ermöglichen. Zudem wollten die Minister den Einwänden der Nationalen Akademie der Wissenschaften, Leopoldina, Rechnung tragen, dass Schule auch eine wichtige soziale Funktion habe und reines Homeschooling wegen der unterschiedlichen Lernchancen zuhause nicht zu lange dauern sollte.
Die Minister hätten versucht, die Anliegen mit dem Gesundheitsschutz in Einklang zu bringen. Mit dem jetzt vorgelegten Plan solle Verlässlichkeit bis zum Schuljahresende aufgezeigt werden, begründete Tullner seinen Vorstoß. Sollte sich das Infektionsgeschehen anders entwickeln, müsse gegengesteuert werden.
Aus Sicht der Bildungsgewerkschaft GEW sind noch zu viele Fragen offen und das Konzept für die Schulöffnung für alle kommt überstürzt. So sei nach der Rückkehr der Abschlussklassen vor wenigen Tagen nicht geprüft worden, ob die Hygienestandards in allen Schulen eingehalten werden könnten. Zudem fehle eine Analyse, wie viele Lehrkräfte für den Unterricht in den Klassenzimmern tatsächlich zur Verfügung stünden und ob sich der Plan personell umsetzen lasse.
«Ich habe den Eindruck, dass das Bildungsministerium nicht weiß, wie viele Kolleginnen und Kollegen zu den Risikogruppen gehören», kritisierte Gerth. Außerdem wären klare Aussagen wichtig, ob die Lehrkräfte weiterhin Klassenarbeiten schreiben und viele Noten vergeben müssten. Das gleiche gelte für die Frage, ob das Sitzenbleiben ausgesetzt wird. «Es wäre gut, jetzt den Leistungsdruck rauszunehmen», sagte Gerth. Dann könnten die Schulen Versäumnisse beim Lernstoff der letzten Wochen glattziehen.
Download: Pressemitteilung zu den Schulöffnungen (PDF)
Download: Infos Landesschulamt (PDF)
In Sachsen dürfen ab Mittwoch, 6. Mai wieder mehr Schüler als bisher in die Schulen kommen. Kultusminister Christian Piwarz (CDU) stellte am Dienstag den weiteren Fahrplan zur Öffnung der Schulen in der Corona-Krise vor. Demnach ist der Schulbetrieb ab Mittwoch kommender Woche zunächst wieder für Schüler aller Vorabschlussklassen der Gymnasien, Berufsbildenden Schulen, Oberschulen und Förderschulen geplant. «Wir wollen damit den Schülern, die Chance geben, sich auf ihren Abschluss im kommenden Schuljahr vorzubereiten», sagte Piwarz. Wann die Schule wieder für alle offen ist, steht noch nicht fest. Bisher waren die Schulen im Freistaat nur für die Schüler der Abschlussklassen geöffnet.