"Ein Schritt Richtung Normalität"

"Guten Morgen Leipzig!" - so begann Tim Benzko am Samstag ein Konzert, wie er es eindeutig noch nie erlebt hat. Die, die ihm da zujubeln sind keineswegs alle Fans - und trotzdem freiwillig da.

Das Konzert ist ein Experiment der Universitätsmedizin Halle. Die Infektiologen wollen herausfinden, wie hoch das Risiko eines Corona-Ausbruchs nach Großveranstaltungen ist. Bei allen Teilnehmern wurde vor Betreten der Halle Fieber gemessen, danach haben alle sogenannten Contact Tracerbekommen, die sämtliche Kontakte registrieren. Sensoren verfolgten die Laufwege. Fluoreszierendes Desinfektionsmittel macht Flächen sichtbar, diebesonders oft angefasst werden. Auch der Flug der sogenanten Aerosole wirdgemessen, während Tim Benzko singt, in den Pausen gibts jede Menge Anweisungen

Für die Studie «Restart-19» wurden am Samstag drei Konzertsituationen simuliert: Eine wie vor Beginn der Corona-Krise, eine mit etwas mehr Sitzabstand zwischen den Zuhörern und eine mit einer Distanz von 1,50 Meter zwischen den Menschen. «Wir untersuchen Risikokonstellationen», sagte Studienleiter Stefan Moritz. Er rechne in sechs bis acht Wochen mit ersten Ergebnissen.

Die Forscher hatten eigentlich auf etwa 4200 freiwillige Teilnehmer gehofft. Am Ende wurde es nur ein Drittel. Womöglich hätten die Ferienzeit in Sachsen und die wieder ansteigenden Infektionszahlen in Deutschland dazu beigetragen, dass die angepeilten Zahlen nicht erreicht wurden, sagte Studienleiter Stefan Moritz. Doch auch mit den 1400 Probanden ließen sich valide Daten generieren. «Wir haben eine gute Datenqualität.»

Der Großversuch kostete rund eine Million Euro. Finanziert wurde er von den Ländern Sachsen und Sachsen-Anhalt. Laut Studienleiter Moritz gibt es inzwischen drei weitere internationale Forscherteams in Australien, Belgien und Dänemark, die ähnliche Experimente planen. Das sei auch ein Ziel gewesen - einen Impuls für mehr Forschung zu Großveranstaltungen zu setzen.

Popstar Bendzko zog am Ende des Konzertexperiments ein positives Fazit. Er habe erwartet, dass sich das Ganze etwas steriler und mehr wie eine Versuchsanordnung anfühlen würde. «Aber das hat uns richtig Spaß gemacht. Wir haben im Sommer Autokinokonzerte überstanden. Insofern ist das für uns heute der erste Schritt in Richtung Normalität.»

Studienleiter Stefan Moritz (links) und Sänger Tim Benzko mit einem ersten positiven Fazit nach dem Konzert
Seite teilen

Das könnte Euch auch interessieren: