Die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina in Halle empfiehlt, unter bestimmten Voraussetzungen so bald wie möglich zuerst Grundschulen und dieSekundarstufe I schrittweise zu öffnen. In der amMontag veröffentlichten Stellungnahme der Wissenschaftler, die sich mit weiterenSchritten in der Corona-Pandemie beschäftigt, heißt es unter anderem zu den Voraussetzungen, die Infektionen müssten auf niedrigem Niveau stabilisiert und die bekannten Hygieneregeln eingehalten werden.
Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte die Studie der Leopoldina als «sehr wichtig» für das weitere Vorgehen bezeichnet. Zur Sekundarstufe 1 gehören etwa Hauptschulen, Realschulen, Gesamtschulen bis Klasse 10 sowie Gymnasien bis einschließlich der Klassen 9 beziehungsweise 10.
Zur Öffnung von Schulen und Kitas heißt es: «Da kleinere Kinder sich nicht an die Distanzregeln und Schutzmaßnahmen halten können, gleichzeitig aber die Infektion weitergeben können, sollte der Betrieb in Kindertagesstätten nur sehr eingeschränkt wiederaufgenommen werden.»
Auch öffentliches Leben teilweise wieder aufnehmen
In der Stellungnahme «DieKrise nachhaltig überwinden» sagen die Experten, dass auch viele weitere Teile des öffentlichen Lebens schrittweise unter bestimmtenVoraussetzungen wieder normalisiert werden können. Zunächst könnten etwa der Einzelhandel, das Gastgewerbe und Behörden öffnen. Aber auch private und dienstlicheReisen sowie gesellschaftliche, kulturelle und sportliche Veranstaltungen könnten wieder stattfinden.
Hierfür müssten jedoch zunächst auch «notwendige klinische Reservekapazitäten aufgebaut» und auch andere Patienten wieder regulär aufgenommen werden. Als Voraussetzung wird auch jeweils genannt, dass Hygieneregeln diszipliniert eingehalten werden.Zudem sprechen sich die Experten für eineMasken-Pflicht etwa inBussen und Bahnen aus.
Leopoldina schlägt Steuererleichterungen vor
In den Empfehlungen heißt es unter dem Punkt «Wirtschafts- und Finanzpolitik zur Stabilisierung nutzen», staatliche Beteiligungen sollten nur im äußersten Notfall zur Stabilisierung von Unternehmen eingesetzt werden. Mit dem Auslaufen der jetzigen gesundheitspolitischen Maßnahmen würden mittelfristig weitere expansive fiskalpolitische Impulse notwendig sein. Auf der Einnahmenseite könnten dies Steuererleichterungen sein, das Vorziehen der Teilentlastung beim Solidaritätszuschlag oder seine vollständige Abschaffung. Auf der Ausgabenseite seien zusätzliche Mittel für öffentliche Investitionen, etwa im Gesundheitswesen, der digitalen Infrastruktur und im Klimaschutz wichtig. Die Krise erfordere in höchstem Maße ein europäisch-solidarisches Handeln.
Die Experten rufen zudem dazu auf, an der marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung festzuhalten. So sei an der Schuldenbremse im Rahmen ihrer derzeit geltenden Regeln festzuhalten. Dies erlaube gerade in so besonderen Zeiten wie der Corona-Krise eine deutlich höhere Verschuldung, verlange aber bei der Rückkehr zur Normalität wieder deren Rückführung. Allgemein heißt es in diesem Zusammenhang, die in der Krise getroffenen wirtschaftspolitischen Maßnahmen müssten so bald wie möglich zugunsten eines nachhaltigen Wirtschaftens im Rahmen einer freiheitlichen Marktordnung rückgeführt oder angepasst werden.
Sachsen-Anhalt: zuerst für Abschlussjahrgänge
Sachsen-Anhalts Bildungsminister MarcoTullnerist dafür, bei einer Lockerung der Corona-Regeln zuerst die Abschlussjahrgänge wieder in den Schulen zu unterrichten. Nur so könne es in ungewöhnlichen Zeiten ein normales Abitur geben, sagte der CDU-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. An den Abschlussprüfungen will er in Übereinstimmung mit seinen Amtskollegen festhalten.
Eine Öffnung der Einrichtungen für alle Kinder und Jugendlichen hält er für unwahrscheinlich. Ihm fehle die Fantasie bei der Frage, wie mit Kleinkindern im Kindergarten die Abstandsregeln von 1,5 Metern eingehalten werden sollten. Schulen und Kitas im Land sind seit 16. März geschlossen. Die derzeitige Regelung läuft am 19. April aus.
Ob direkt im Anschluss der Schulbetrieb in Sachsen-Anhalt zumindest teilweise wieder hochgefahren wird, ließTullneroffen. Das werde erst nach den Beratungen der Ministerpräsidenten mit Kanzlerin Angela Merkel (CDU) am Mittwoch, 15. Aprilklar sein. «Diese Situation hat ein bisschen was von einem Champions-League-Finale, auf das alle hinfiebern», sagteTullner. Sein Ministerium sei vorbereitet und arbeite seit längerem an Szenarien, um den Schulbetrieb hochzufahren.
Wie diese Konzepte konkret aussehen, ließ er offen. Bundesweit werden derzeit verschiedene Ideen diskutiert, um beispielsweise Mindestabstände zu garantieren. So könnten entweder zunächst nur die älteren Jahrgänge unterrichtet werden. Auch ein Aufteilen der Klassen in zwei Gruppen, die nacheinander vormittags und nachmittags beschult werden, ist in der Diskussion.
In jedem Fall könnten die Schulen in Sachsen-Anhalt auch sehr kurzfristig auf die Entscheidung der Ministerpräsidentenreagieren. «Wir sind in engem Austausch mit den Schulleitungen», sagte er. Die Lehrkräfte seien weiterhin im Dienst und unterrichteten von Zuhause. Fraglich sei allerdings, wie viele Kolleginnen und Kollegen aus Risikogruppen direkt nach dem Wiederhochfahren des Schulbetriebs zur Verfügung stünden.
Sachsen: Schulen öffnen am 20. April für Abschlussjahrgänge
Sachsen will den kompletten Schulbetrieb in Zeiten des Coronavirus so schnell wie möglich wieder aufnehmen. Nach dem kurz vor Ostern angekündigten Neubeginn für die Schüler der Abschlussklassen sieht Kultusminister Christian Piwarz (CDU) vor allem bei Schülerinnen und Schülern an Grundschulen und Förderschulen Bedarf. Sie hätten mit dem Lernen zu Hause und ohne Anleitung durch Lehrer die größten Schwierigkeiten, sagte er der Deutschen Presse-Agentur in Dresden. Am vergangenen Donnerstag hatte Piwarz angekündigt, dass die Abschlussprüfungen in Sachsen wie geplant am 22. April beginnen. Zur Vorbereitung sollen die Schulen für die betroffenen Klassen am 20. April wieder geöffnet werden.
«Mir ist es wichtig, dass wir eine Öffnung der Schulen schnell ermöglichen. Sicher wird das nicht in Gänze und von heute auf morgen passieren können», sagte Piwarz und verwies auf den Infektionsschutz. Die bisherigen Erfahrungen hätten aber gezeigt, dass ein wie auch immer geartetes permanentes Lernen zu Hause über längere Zeit nicht funktionieren könne. Schon deshalb habe man ein hohes Interesse, so schnell wie möglich zum Normalzustand zurückzukehren.
Lehrerinnen und Lehrer müssten in den verbleibenden Wochen des Schuljahres den Leistungsstand analysieren, sagte Piwarz. Die Corona-Krise dürfe den Mädchen und Jungen nicht zum Nachteil werden - weder im aktuellen Schuljahr noch mit Blick auf die gesamte Schulzeit:«Das ist unsere pädagogische Verantwortung. Wir müssen schauen, wo eine gezielte Förderung notwendig ist.» Möglicherweise werde es in manchen Fällen auch zu Beginn des neuen Schuljahres noch darum gehen, Unterrichtsstoff nachzuholen.
Klarheit in Niedersachsen frühestens am Mittwoch
Niedersachsens Kultusministerium will Mitte der Woche darüber entscheiden, wann und wie es in der Corona-Krise mit dem Schulunterricht weitergeht. Nach bisherigem Stand sollen die Schulen am 20. April wieder öffnen. Eine endgültige Entscheidung über ein Ende der Schulschließungen wird allerdings frühestens am Mittwoch erwartet, wenn Bund und Länder über Lockerungen beraten.
Denkbar ist ein stufenweises Vorgehen, bei dem zunächst die älteren Schüler zurückkehren und dann die jüngeren. Schlimmstenfalls könnten die Schulen jedoch sogar bis zu den Sommerferien geschlossen bleiben. Das sei die letzte Variante eines abgestuften Szenarios, sagte Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) Ende März.
Über das Osterwochenende hielt sich das Ministerium zu den Plänen bedeckt. In einem Schreiben an die Lehrer hatte Tonne am Donnerstag angekündigt, dass in der neuen Woche die Gesundheitslage eingeschätzt und auf dieser Grundlage entschieden werde, «ob und wie die Schule ab dem 20. April wieder beginnen kann». Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) hatte die Länder am Wochenende aufgerufen, die Rückkehr in den normalen Schulbetrieb möglichst einheitlich zu gestalten.