Von Anfang an war derBerlinerFernsehturmmehr als eine bloße technische Anlage: Ein Symbol für ein "wiedervereintes Deutschland, ein Touristenmagnet und vor allem ein Botschaftsüberbringer" sei er heute, sagte die Geschäftsführerin des TV-Turm Alexanderplatz, Christina Aue.
Während der Fußball-Weltmeisterschaft 2006 etwa erhielt die Kuppel eine Verkleidung als Fußball. Zum Tag der Menschen mit Behinderungen prangte an ihm 2018 die Botschaft "Demokratie braucht Inklusion".
Zum 50. Geburtstag wird die Turmkugel von diesem Donnerstag an wieder als besonderes Schaufenster dienen. "Bis zum 6. Oktober wird derFernsehturmilluminiert und verschiedene Bilder erzählen seine Geschichte", sagte Aue. Ergänzend gebe es im Inneren eine Fotoausstellung des Fotografen und früheren DDR-Bürgers, Thomas Billhardt. "Seine Fotografien des Fernsehturms über einen Zeitraum von 50 Jahren sind ein Zeitzeugnis und eine künstlerische Auseinandersetzung mit Berlin."
DerFernsehturmwurde am 3. Oktober 1969 eröffnet. Etwa 1,3 Millionen Menschen pro Jahr besuchen den Angaben zufolge das mit 368 Metern höchste Gebäude Deutschlands. Über ihn werden 44 digitale TV-Programme und knapp 80 Radioprogramme übertragen.
Echte Schildkrötensuppe für 3,30 Mark (Ost), Kaffee französisch im Glas für 4,90 oder sowjetischer Wodka - etwas Besonderes mit dem Hauch von weiter Welt sollte den Besuchern des neuen Ost-Berliner Tele-Cafés in 207 Metern Höhe geboten werden. AufderSpeisekarte zur Eröffnung des Fernsehturms vor50Jahren (3. Oktober 1969) wünscht das Jugendkollektiv des Cafés «seinen verehrten Gästen einen angenehmen Aufenthalt».
Ostdeutsche standen im ZentrumderDDR-Hauptstadt Schlange, Touristen ebenso.DerClou: Das Café indercharakteristischen Kugel des über 360 Meter hohen Turms bis zur Antennenspitze bewegte sich inderRegel in einer Stunde einmal um sich selbst.
Das ist auch heute noch so - anders ist aber, dass Besucher mehr als eine Runde drehen dürfen. Und das einstige Tele-Cafè heißt jetzt Restaurant Sphere. Ohne Delle nach dem Mauerfall sei aus dem DDR-Vorzeigeprojekt ein gesamtdeutsches Wahrzeichen geworden, sagtderjunge Leiter des Besucher-Service, Stephan Vogel. «Ist eine Ehre, in einem so geschichtsträchtigen Objekt zu arbeiten», bekenntder31-Jährige. Von hier aus habe man damals über die Mauer nach West-Berlin schauen können, weiß Vogel,derdiese Zeit nicht miterlebt hat.
Etwa 60 Millionen Besucher kamen seitderEröffnung.DerFernsehturmgilt als das höchste Bauwerk Deutschlands. Derzeit kämen pro Jahr etwa 1,6 Millionen Interessierte, sodergelernte Tourismus-Kaufmann. Sie speisen in luftiger Höhe, trinken Kaffee oder entdecken eine Etage tiefer im Panoramadeck pur die deutsche Hauptstadt von oben. Ost oder West spiele keine Rolle mehr, sagt Vogel. Er erzählt aber, dass schon mal die Frage gestellt wurde, ob ein TeilderFenster früher undurchsichtig gewesen sei - wegenderWest-Sicht.
DerFernsehturmgehört heutederDeutschen Funkturm GmbH, einer Telekom-Tochter. Eine extra Gastronomiegesellschaft ist für die Besucher zuständig.Derschlanke Turm ist verewigt auf T-Shirts, Tassen und Gläsern sowie als Backform oder Babyrassel zu haben.
Auch die prägende Kugelform findet sich überall - im GlasderTreppenbegrenzung im Eingangsbereich, im Fußboden, in Deckenelementen und Lampen. «DerTurm ist denkmalgeschützt, jede Renovierung muss abgestimmt werden», sagt Sprecher Jeserich. «Von den Glaselementen sind noch einige Originale da.»Der69-Jährige schwärmt immer wieder vom Ausblick über die Stadt. «Da können Sie jeden Dackel erkennen - und die EntwicklungderStadt verfolgen.»
In zwei Aufzügen, die in einer Sekunde sechs Meter schaffen, rauschen die Besucher nach oben. Dort ist im Restaurant Sybille Janke Restaurantleiterin, 1996 hat sie hier als Azubi angefangen. Sie sagt, damals habe man die Leerstellen nach dem Mauerfall noch erkannt. «Heute ist alles zugebaut. Aber viele wollen auch die Geschichte Berlins sehen.»
Janke ist auf die Technik angewiesen. Wegen des begrenzten Platzes werde das Essen unten in einer Küche vorbereitet und dann per Aufzug gebracht. Öfterwirdauch eine kulinarische Zeitreise angeboten, beiderdie beliebte Soljanka nicht fehlen dürfe.
Auch die Getränke müssten früh vor den Besuchern in die Höhe geschafft werden, so die 42-Jährige. Gäste an 40 festgeschraubten Tischen werden bedient, während in dem sich drehenden Restaurant immer neue Aussichten vorbeiziehen. Die Berlinerin Janke weiß ihren «besonderen Arbeitsplatz» zu schätzen. Abends sei sie hier die Letzte. «Da ist es dann ruhig und ich gucke gern mal raus.»