Landtag Sachsen-Anhalt

Datenschützerpleite belastet Koalition in Sachsen-Anhalt

Mehrere Wahlversuche gescheitert

Wenigstens im dritten Anlauf sollte es klappen. Ganz sicher waren sich da die Spitzen der Koalition nach der kurzfristig angesetzten Krisensitzung. Doch als Landtagspräsident Gunnar Schellenberger (CDU) am Mittwochabend wenig später das Ergebnis der Datenschützerwahl verkündete, herrschte für einen Moment gespenstige Stille im Plenarsaal. Eine Stimme zu wenig. Eine seit Jahren ungeklärte Personalie belastet das schwarz-rot-gelbe Bündnis.

Der Kandidat der Koalition erhielt in drei Anläufen nicht die erforderliche Mehrheit. Im dritten Wahlgang bekam der Jurist Daniel Neugebauer 48 Ja-Stimmen. 42 Abgeordnete stimmten mit Nein. Es gab eine Enthaltung. Bereits zuvor hatte es zweimal nicht gereicht, die Landtagssitzung war daraufhin jeweils unterbrochen worden. Vor der dritten Abstimmung fanden sich die Abgeordneten der Koalition zu einem kurzfristig angesetzten Austausch zusammen.

Für die Wahl des Datenschützers sind 49 Stimmen nötig. CDU, SPD und FDP haben zusammen 56. Mehrere Abgeordnete der Koalition fehlten am Mittwoch krankheitsbedingt. Doch warum es bei der komfortablen Mehrheit am Ende trotzdem nicht genügend Stimmen gab, blieb nach den geheimen Abstimmungen zunächst offen.

Bereits vor der Abstimmung waren in den Reihen der CDU-Fraktion jedoch Bedenken aufgekommen, dass nicht genug Abgeordnete für Neugebauer stimmen könnten. Einige Abgeordnete sind unzufrieden mit der Fraktionsspitze.

Der Parlamentarische Geschäftsführer der FDP, Guido Kosmehl, schrieb bei Twitter, die Verantwortung würden auch Abgeordnete tragen, die politische Spielchen der Qualifikation eines Bewerbers vorgezogen hätten. Sie zeigten damit, dass es ihnen nicht um denDatenschutzgehe, so Kosmehl.

Der CDU-Landtagsabgeordnete Detlef Gürth brachte bereits nach dem zweiten gescheiterten Wahlgang ein Vorziehen der Landtagswahl ins Spiel. Sie ist eigentlich für 2026 angesetzt. Die Koalition habe keine Mehrheit, «weil feige Heckenschützen in der Wahlkabine» den Kandidaten beschädigten, ohne dies vorher zu signalisieren, schrieb Gürth bei Twitter. «Neuwahlen wären konsequent.» Gürth war von 2011 bis 2015 Landtagspräsident.

Die Linke sieht die Koalition nach den Wahlpleiten nun «in einer schweren Regierungskrise». Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) müsse den Ernst der Lage erkennen und für eine Regierungsfähigkeit des Landes sorgen, teilte die Fraktion mit.

Grünen-Fraktionschefin Cornelia Lüddemann sagte, der Ministerpräsident müsse sich fragen, auf welche Mehrheit er sich noch stützen könne. Das Amt und das Ansehen Sachsen-Anhalts seien dauerhaft beschädigt. «Jetzt dürfte allen klar sein, dass dieser Posten bis zum Ende der Legislatur unbesetzt bleiben wird. Das ist eine Verstetigung der Katastrophe», so Lüddemann.

Die Vergabe der Stelle hat eine lange Vorgeschichte. Nach mehrfacher Verlängerung seiner Dienstzeit ging der oberste Datenschützer Harald von Bose Ende 2020 in den Ruhestand. Die Wahl eines Nachfolgers war im Frühjahr 2018 schon einmal gescheitert, weil im Landtag die damals nötige Zwei-Drittel-Mehrheit verfehlt wurde. Die Hürden wurden im Anschluss gesenkt, sodass für die Wahl nun die Mehrheit der Mitglieder des Landtags ausreicht.

Doch auch mit dem geringeren Quorum fiel der von der Koalition favorisierte Bewerber bei den geheimen Wahlen im vergangenen Jahr zweimal durch. Daraufhin änderten CDU, SPD und FDP das entsprechende Gesetz. Damit muss die Besetzung des Amts nicht mehr an eine Stellenausschreibung gekoppelt werden. Die Fraktionen haben jetzt ein Vorschlagsrecht. Auf diese Weise schickte die Koalition Neugebauer ins Rennen.

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