Seit Mitte Januar 2021lassen wir verschiedene Branchen zu Wort kommen, wie es ihnen im Lockdown geht, welche Folgen sie spüren. Aber nicht alle Berufe haben sich in einem oder mehreren Branchenverbänden organisiert. Bzw. nicht alle Menschen, die arbeiten, tun das in einem Festangestellten Verhältnis. Es gibt viele Soloselbstständige und Freiberufler aus verschiedenen Branchen, die Mitglied im Verband der Gründer und Soloselbstständigen (kurz: VGSD) sind.
Bspw. Bühnentechniker oder Artisten lassen sich durch ihn vertreten. Auch der freiberufliche Sänger David Erler aus Leipzig bspw. darf seit November 2020 wieder nicht auftreten: „Im März hatte man noch die Hoffnung, dass es bald wieder normal werden würde. Doch jetzt fehlt die Perspektive. Ich kann das, was ich als meine Berufung empfinde, indem ich singe, ne Botschaft an die Hörer bringe und nicht nur für ein gutes Gefühl sorge beim Publikum, sondern eben auch für das seelische Brot sorge, das darf ich momentan nicht weitergeben und das zehrt mittlerweile sehr an mir.“
Erler lebt vom Ersparten und Geld, dass ihm Freunde und Familie überweisen. Staatliche Hilfen sind für ihn heiße Luft: „Die Stadt Leipzig hat ein Selbstständige-Programm aufgelegt, das war ein kleiner Obolus, den ich bekommen habe. Die Novemberhilfen waren die erste staatliche Hilfe, die ich beantragt und bekommen habe. Allerdings wage ich es nicht, sie anzurühren, weil man von den Hilfen, die es vorher gab, weiß, dass es nachträglich Rückforderungen geben kann.“
Mittlerweile hat Erle für die Maßnahmen auch kein Verständnis mehr „Es gibt inzwischen genügend Studien, die deutlich zeigen, dass Konzerte und Theateraufführungen kein besonders hohes Risiko bedeuten. Die Deutsche Veranstaltungsbranche kann sehr wohl gewährleisten sichere Veranstaltungen durchzuführen - mit Hygienekonzepten und Rückverfolgung.“ All das wird nicht berücksichtigt, stattdessen pauschal geschlossen so Erler weiter.
Neben ihm geht es auch zahlreichen anderen Soloselbstständigen, Freiberuflern und Gründern, die alleine gelassen werden, sagt Andreas Lutz vom VGSD „Von den versprochenen Milliardenschweren Hilfen wurden nur Bruchteile ausgezahlt und das mit Verzögerungen. Da wo Geld geflossen ist bei der Soforthilfe sind Rückzahlungen zu erwarten. Das liegt an der realitätsfernen und bürokratischen Ausgestaltung der Hilfen. Gefördert wurden bei Sofort- und Überbrückungshilfen Kosten, die Soloselbstständige gar nicht haben, bspw. Büromiete. Sie arbeiten aber beim Kunden oder zu Hause oft. Und für die Lebenserhaltungskosten wurden sie auf Hartz IV verwiesen, was ihnen aber verwehrt wird, weil sie privat für ihr Alter vorgesorgt haben. Bekommen tut das nur jeder Zehnte nach unseren Beobachtungen.“
Viele Selbstständige haben bereits andere Jobs angenommen, tlw. mit weniger Lohn oder einer langen Anfahrt. Inzwischen gibt es nun auch Neustarthilfen, für Lutz ein Tropfen auf den heißen Stein.