CDU votiert für Stahlknecht und gegen UN-Migrationspakt

Die CDU in Sachsen-Anhalt hat einen neuen Chef: Innenminister Holger Stahlknecht wurde am Samstag bei einem Landesparteitag in Röblingen am See mit 84,5 Prozent Zustimmung zum neuen Vorsitzenden gewählt. Damit endete eine Ära. Der dienstälteste Parteichef, Thomas Webel, trat nach 14 Jahren nicht mehr an. Er wurde mit großem Beifall und einem Abschiedsfilm gewürdigt. Stahlknecht hatte keinen Gegenkandidaten. Finanzminister André Schröder (71,8 Prozent) und die Bundestagsabgeordnete Heike Brehmer (82,2) wurden als Stellvertreter bestätigt. Neu im Vize-Trio ist Bildungsminister Marco Tullner (68,1). Kurz vor dem Ende eines langen Wahl- und Debattentags stimmten die Delegierten dafür, die rund 6.600 Mitglieder nach ihrem Favoriten für den nächsten Bundesvorsitzenden zu befragen. Zum Abschluss votierten sie mehrheitlich gegen den Migrationspakt der Vereinten Nationen - und handelten sich Kritik ein. Mit der deutschen Unterschrift bestehe die Gefahr, dazu genötigt zu werden, die Tore bedingungslos aufzumachen, begründete der Landtagsabgeordnete Lars-Jörn Zimmer den Antrag des Kreisverbands Anhalt-Bitterfeld. Auch Neu-Chef Stahlknecht unterstützte den Antrag. Er sprach im Anschluss von einer «gelben Karte für die Bundesregierung». Der Pakt sei jahrelang unter dem Radar der Öffentlichkeit verhandelt worden. Die internationale Vereinbarung soll helfen, mit gemeinsamen Regeln Migration besser zu steuern. Seit Monaten machen Rechtspopulisten gegen den Pakt mobil, in Deutschland ist das die AfD. Neben den USA kündigten auch Österreich und Ungarn an, den Pakt nicht mitzutragen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte erst am Freitag kritisiert, dass viele Lügen über den Pakt im Umlauf seien. Man dürfe sich nicht «von denen, die Hetze und Hass verbreiten, die Tagesordnung vorgeben lassen». Wer sich gegen den Pakt stelle, vergebe eine historische Chance auf eine bessere Migrationspolitik, kritisierte SPD-Landeschef Burkhard Lischka am Sonntag. FDP-Landeschef Frank Sitta zeigte sich irritiert, dass niemand Zimmers Argumentation widersprach. Der Pakt unterstreiche die Souveränität der Staaten, über Fragen der Zuwanderung selbst zu entscheiden, so Sitta. Einige Stunden vor dem viel diskutierten Votum gegen den UN-Migrationspakt hatte Stahlknecht die Partei auf die Kommunal- und Europawahlen im kommenden Jahr eingestimmt. Er verordnete ihr Mut, Leidenschaft für das Land und Anstand im Umgang miteinander. «Ich will die Wahlen mit euch so gewinnen, dass wir perspektivisch wieder im Korridor von 35 und 40 Prozent denken, das Potenzial ist da.» Dabei sollen auch AfD-Wähler zurückgewonnen werden. «Aber es wird niemals eine Koalition mit dieser AfD geben, denn dann verschwinden wir in der gleichen Bedeutungslosigkeit wie die SPD.» Sein Vorgänger Webel hatte in seiner Abschiedsrede dafür geworben, dass die CDU mehr auf die Menschen im Land zugehe. «Wir können keine Volkspartei sein, wenn wir nicht zuhören wollen oder können», sagte der 64-Jährige. Umfragen zufolge sagten zwei Drittel der Ostdeutschen, dass es sinnlos sei, sich politisch zu engagieren, sagte Webel. Dieses Alarmsignal müsse ernst genommen werden. «Die Menschen erwarten Lösungen und keine Selbstbeschäftigung.» Die Partei werde als größter Partner der schwarz-rot-grünen Regierung die Entwicklung des Landes prägen: «Wir werden mit Ministerpräsident Reiner Haseloff auch in den nächsten Jahren dieser Koalition unseren Stempel aufdrücken, egal was grüne Kreisverbände oder rote Dauernörgler von der Seitenlinie hereinrufen.» Stahlknecht übernimmt in unruhigen Zeiten. Wenige Tage vor dem Parteitag gerieten die beiden Kreisverbände in der Altmark schlagzeilenträchtig aneinander. In Mansfeld-Südharz herrscht immer noch Unmut darüber, dass die CDU-Fraktion voriges Jahr den AfD-Überläufer Jens Diederichs als Gast aufnahm. In Halle muss Tullner nach heftigen Personaldebatten die Wogen glätten. Landesweit gibt es zudem Diskussionen darüber, ob ehrenamtliche Kommunalabgeordnete und Berufspolitiker in der Vergangenheit immer korrekt ihre Mandatsträgerabgaben gezahlt haben. Ministerpräsident Haseloff wünschte Stahlknecht «viel Glück beim Zusammenhalt der Partei». Auch für seine persönliche Zukunft kommt es für den neuen Parteichef auf die nächsten Jahre an. Er gilt als aussichtsreichster CDU-Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2021 - und damit als Haseloff-Nachfolger. Der Ministerpräsident wies darauf hin, dass das kein Automatismus sei: «Wir haben gute Erfahrung gemacht mit der Trennung der Ämter des Parteichefs und des Ministerpräsidenten.»
Holger Stahlknecht ist neuer CDU-Landeschef
Holger Stahlknecht ist neuer CDU-Landeschef
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