Stundenlöhne von zwei Euro oder weniger fürGefangenesind verfassungswidrig. Das Bundesverfassungsgericht gab am Dienstag zwei arbeitenden Häftlingen aus Bayern und Nordrhein-Westfalen Recht, die gegen die Höhe ihrer Vergütung geklagt hatten. Die Bundesländer müssen die jeweiligen Gesetze bis spätestens Ende Juni 2025 neu regeln, wie die Vorsitzende des Zweiten Senats, Doris König, in Karlsruhe sagte. DieLänder seien aber nicht dazu verpflichtet, eine rückwirkende Vergütungsregelung zu schaffen.
Die Bundesländer regeln solche Fragen des Strafvollzugs selbst. In den meisten herrscht für Strafgefangene Arbeitspflicht. Sie soll der Resozialisierung dienen, so dassGefangeneschrittweise wieder in die Gesellschaft eingegliedert werden. Deshalb gilt für die Betroffenen auch kein Mindestlohn. Sie verdienten den Angaben nach je nach Qualifikation zwischen 1,37 Euro und 2,30 Euro pro Stunde.
Das Verfassungsgericht habe das Gebot der Resozialisierung unter Rückgriff auf die Menschenwürde und das Sozialstaatsprinzip entwickelt, sagte König, die auch Vizepräsidentin des höchsten deutschen Gerichts ist. Die Gesetzgeber müssten dafür ein schlüssiges und widerspruchsfreies Konzept entwickeln.
Wenn darin Arbeit als Behandlungsmaßnahme vorgesehen sei, müsse diese angemessene Anerkennung finden, führte König aus. «Diese braucht nicht allein in Geld gewährt zu werden, sondern kann sich auch aus einer monetären und einer nicht monetären Komponente zusammensetzen.» Gemeint sind damit zum Beispiel sogenannte Freistellungstage, die auch für eine frühere Entlassung angespart werden können.
Es sei nicht Aufgabe des Gerichts, ein bestimmtes Entlohnungsmodell vorzugeben, betonte König. Bei einer Neuregelung könne der Gesetzgeber auch einen Teil des Arbeitsentgelts für bestimmte Zwecke einbehalten oder die Gefangenen an den Kosten im Vollzug beteiligen - etwa durch einenHaftkostenbeitrag oder eine Stromkostenpauschale.
Über die Höhe von Gefangenenvergütung hatten die Karlsruher Verfassungsrichterinnen und -richter schon einmal geurteilt. 1998 hatten sie beanstandet, dass sie zu niedrig sei. Danach wurde die Berechnungsgrundlage von fünf auf neun Prozent des durchschnittlichen Arbeitsentgelts von allen gesetzlich Rentenversicherten angehoben.