Leipzig kommt nicht zur Ruhe. Im Stadtteil Connewitzist es am Samstag, 5. Septemberden dritten Abend in Folge zu Ausschreitungen gekommen. Eine Demonstration gegen Gentrifizierung und Verdrängung lief nach wenigen Hundert Metern aus dem Ruder. «Unmittelbar nachdem der Aufzug sich in Bewegung gesetzt hat, kam es aus der Versammlung heraus von Teilnehmern zu Steinwürfen gegen Polizeibeamte sowie gegen Gebäude und zum Zünden von Pyrotechnik», sagte Polizeisprecherin Mandy Heimann. Aufgrund der «unfriedlichen Situation» sei die Versammlung für aufgelöst erklärt worden.
Danach gab es in Seitenstraßen Jagdszenen zwischen Vermummten und den Einsatzkräften. Mehrere Menschen wurden in Gewahrsam genommen. Gegen 15 Menschen wird ermittelt. Zwei Polizisten verletzten sich bei dem Einsatz. Der Straßenbahnverkehr in dem südlichen Stadtteil wurde gestoppt. Ein Polizeihubschrauber kreiste über Connewitz. Dessen Pilot wurde immer wieder mit einem Laser geblendet. Ein Streifenwagen brannte auf dem Gelände der Polizei. Nach ersten Polizeischätzungen hatten sich rund 500 Menschen zu der angemeldeten Demo versammelt. Endgültige Zahlen konnte Heimann zunächst aber nicht nennen.
Nach Mitternacht hielten sich noch etwa 150 Personen in dem Bereich auf. Sie besprühten eine Straßenbahn mit Graffiti, bauten Straßenbarrikaden und zündeten Mülltonnen an. Zur Schadenshöhe konnte die Polizei am frühen Sonntagmorgen, 6. September 2020 noch nichts sagen.
Bereits am Donnerstag- und Freitagabend hatte es in Leipzig Gewaltausbrüche gegeben. Vorausgegangen waren Hausbesetzungen, die von der Polizei beendet worden waren. Aus den unangemeldeten Demonstrationen im Leipziger Osten sowie in Connewitz heraus wurde die Polizei angegriffen. Leipzigs Polizeipräsident Torsten Schultze sagte, bei den Angreifern habe es sich um «augenscheinliche Linksextremisten» gehandelt. Insgesamt neun Beamte seien an den beiden Tagen leicht verletzt worden.
Am Samstagabend war die Polizei mit einem Großaufgebot im Einsatz. Mehrere Hundertschaften der Bereitschaftspolizei wurden von Kräften aus Thüringen und der Bundespolizei unterstützt. Nach den Eskalationen der vorhergehenden Tage hatte sich die Polizei schon im Vorfeld besorgt geäußert. «Wir haben natürlich auch heute gehofft, dass es ein friedliches Versammlungsgeschehen werden wird und wir hier kommunikativ mit den Versammlungsteilnehmern ins Gespräch kommen», sagte Heimann. «Dass es sich heute wieder in dieser Form darstellt, erschüttert uns auch.»
Der Leipziger Oberbürgermeister Burkhard Jung verurteilte bereits am Samstag die vorausgegangenenKrawalle«aufs Schärfste». Die Debatte um bezahlbaren Wohnraum habe mit den Besetzungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen einen schweren Rückschlag erlitten, erklärte der SPD-Politiker am Samstag. «Man schafft keinen Wohnraum, indem man Polizisten angreift und Barrikaden anzündet.» Die wichtige Wohnraumdebatte werde nun deutlich schwerer, denn jetzt müsse erst verloren gegangenes Vertrauen zurückgewonnen werden.